Immer wieder berichten Versicherte, dass ihre Rechtsschutzversicherung einen Schaden oder eine Busse übernimmt, obwohl die Gegenpartei eindeutig schlechte Karten hat, sollte der Fall vor Gericht kommen.
Erst kürzlich in einem Fall von «Espresso»: Einer Autofahrerin wurde eine Gebühr von rund 500 Franken aufgebrummt, weil sie auf einem privaten Parkplatz mit Halteverbot kurz anhielt, nach wenigen Sekunden aber gleich wieder losfuhr, weil sie das Verbotsschild entdeckte. Die Rechnung für eine Leerfahrt der Abschleppfirma kam wenige Wochen später.
Die Hörerin war überrascht, dass ihre Rechtsschutzversicherung bereit gewesen wäre, die 500 Franken zu übernehmen und den Fall so abzuschliessen. Bis jetzt war das allerdings nicht nötig, obwohl die Frau die Rechnung nicht bezahlt hat.
Lohnt sich für die Versicherung der ganze Aufwand vor Gericht?
«Selbst, wenn man Recht bekommt vor Gericht, hat man Verfahrenskosten und Zeitaufwand. Da stellt sich die Frage, ob sich dieser Aufwand lohnt», erklärt Frédéric Krauskopf, Professor für Privatrecht an der Uni Bern. Und so machen Versicherungen lieber Schadensbegrenzung, gerade bei kleineren Beträgen von ein paar hundert Franken.
Selbst, wenn man Recht bekommt vor Gericht, hat man Verfahrenskosten und Zeitaufwand. Da stellt sich die Frage, ob sich dieser Aufwand lohnt
Komme hinzu, dass Rechtsschutzversicherungen sich häufig sagten: «Die versicherte Person hat zwar eine gute Rechtsposition, aber es könnte Beweisprobleme geben.» Wenn man den Fall vor Gericht ausfechte, trage man das Beweisrisiko. Diese Punkte geben für den Spezialist für Versicherungsrecht den Ausschlag dafür, dass Rechtsschutzversicherungen einen Schaden übernehmen, obwohl die Rechtslage eindeutig scheint, um den Fall vor Gericht zu gewinnen.
Rechtsprofessor empfiehlt, eine Rechtsschutzversicherung abzuschliessen
Frédéric Krauskopf rät allen, sich mit einer Rechtsschutzversicherung absichern. Gerade weil diese Versicherung relativ günstig ist: «Unser Prozessrecht hat viel zu hohe Kostenschranken. Für Normalsterbliche ist das Prozessieren eigentlich unerschwinglich.»
Das System der Rechtsschutzversicherung funktioniere aber natürlich nur, wenn die allermeisten Versicherten keine Ansprüche erheben würden, das heisst, den Rechtsschutz nicht gebrauchten: «Und bei denjenigen, welche ihn brauchen, müssen sich die Kosten in einem gewissen Rahmen bewegen, sonst funktioniert das ganze System nicht mehr.»
Rausschmiss wie bei anderen Versicherungen eher unüblich
Wenn sich bei einer Haftpflichtversicherung oder einer Kasko-Versicherung die Schadenfälle häufen, droht Versicherten relativ schnell die Kündigung. Bei Rechtsschutzversicherungen kennt Professor Krauskopf diese Praxis eigentlich nicht. Er schliesst aber nicht aus, dass es auch hier bei einer Häufung der Fälle zu einem Rausschmiss kommen könnte.