Die EU hat im Mai 2023 angekündigt, dass in Zukunft nur noch biologisch abbaubare Kaffeekapseln verkauft werden sollen. Kompostierbare Kapseln sind nicht zuletzt deshalb im Trend.
Hunderte von Kapseln sind nicht verrottet
Ein Kaffeetrinker aus dem Kanton Bern hat bereits vor drei Jahren von Alu auf kompostierbar umgestellt. Im Internet fand er den Anbieter Original Food. Deren Kapseln sind biologisch, fair und eben kompostierbar.
Während drei Jahren hat die Berner Familie all ihre verbrauchten Kapseln im Kompost entsorgt. Doch als das Kompostgitter voll ist, stellt die Familie überrascht fest: Die Kapseln sind nicht verrottet. Sie finden hunderte von Kapsel-Leichen – bis ganz zuunterst im Komposthaufen.
Auch Grüngutabfuhr nimmt Kapseln nicht
Auch die Grüngutabfuhr will die Kapseln nicht annehmen. Das Problem habe man öfters, heisst es. Der Grund für die Ablehnung der Abfuhr: Kapseln aus Plastik und aus kompostierbaren Materialien sehen fast gleich aus. Es wäre zu teuer und zu aufwändig, diese zu sortieren.
Die Familie muss nun den ganzen Komposthaufen von Hand durchwühlen und jedes Kapselgerippe einzeln herausgrübeln und in den Abfall werfen. Heute lacht der Berner darüber: «Ja, da muss man Freude haben an Würmern, es war ziemlich eklig.» Aber: «Irgendwie fühlte ich mich auch veräppelt. Ich fragte mich: Was machen wir da?»
Kompostierbar nicht gleich Heimkompost
Der Anbieter Original Food kennt das Problem. Es komme immer wieder zu Missverständnissen, erklärt der Geschäftsführer. Wenn auf einer Kapsel «kompostierbar» stehe, bedeute das noch lange nicht heimkompostierbar.
Die Kaffeekapseln ihrer Firma könne man erst seit gut einem Jahr zu Hause kompostieren. Vorher waren sie nur industriell kompostierbar, zum Beispiel in einer Vergäranlage, bei mindestens 65 Grad. Die 30 Grad im privaten Heimkompost würden für die Zersetzung nicht ausreichen. Zwar sei das irgendwo auf der Verpackung gestanden, sagt Geschäftsführer Florian Hammerstein von Original Food. Aber das hätten wohl nur die wenigsten Leute verstanden, gibt er offen zu.
Heimkompostierbare Kapseln von Nespresso und Nescafé werden verbrannt
Nun haben Nespresso und Nescafé kürzlich Kapseln aus Papier und Karton lanciert. Diese sollen im Heimkompost innerhalb eines halben Jahres verschwinden. Doch das Problem, dass die meisten industriellen Kompostanlagen die Kapseln aussortieren und verbrennen, bleibt.
Gemäss Biotechnologe Urs Baier, ehemals Professor an der ZHAW und heute im Vorstand des Schweizer Verbands der Grüngutanlagen, Biomasse Suisse, werden auch die neuen heimkompostierbaren Kapseln von Nespresso und Nescafé Dolce Gusto aussortiert und verbrannt. Einzig die braunen Kugeln von Migros Coffee B würden tatsächlich kompostiert.
«Recycling-System für Kapseln ist in Planung»
Urs Baier sieht die Lösung des Problems in einem separaten Recycling-System für Kaffeekapseln. Damit könnten Konsumentinnen und Konsumenten Kapseln aus Alu, Plastik und heimkompostierbare Varianten einfach in einem Sack abgeben und müssten sich nicht darum kümmern, was wohin gehört. Die Überlegungen für ein solches neues Recycling-System seien schon ziemlich weit fortgeschritten, sagt Urs Baier: «Ich weiss, dass grosse Detailhändler und Produzenten so etwas umsetzen möchten – und zwar in den nächsten zwei bis drei Jahren.»