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Familie und Freizeit Wer bei Ferienärger haftet

Zahlreiche Zuschauer sind nicht mit schönen Ferienerinnerungen, sondern mit einer grossen Wut im Bauch aus ihren Ferien zurückgekehrt: Sie fühlen sich vom Reisebüro oder von der Fluggesellschaft betrogen. Reiserechts-Experte Vito Roberto sagt anhand von drei Fällen, ob die Betroffen im Recht sind.

Immer wieder sorgen Airlines und Ferienveranstalter mit Abflugänderungen oder Hürden beim Ticketkauf für Ärger und verursachen bei Reisenden beträchtliche Kosten.

Fall 1: Swiss verunmöglicht Umbuchung

Remo Büchel aus Buchs (SG) musste sich 1300 Franken ans Bein streichen. Er war zufriedener Swiss-Kunde – bis im Sommer 2011. Sechs Wochen vor dem Flugtermin wollte er eines von zwei Tickets umbuchen. «Weil ich mich von meiner Freundin getrennt hatte», sagt Büchel. Sie wären zusammen nach Kalifornien geflogen. «Statt ihr wollte ich meinen Bruder auf die Reise mitnehmen.»

Doch Swiss legt sich quer: Den Namen umbuchen sei bei dieser Ticket-Kategorie nicht möglich – wegen internationaler Flugbestimmungen von IATA, wie die Swiss behauptet.

Rückerstattung von Fr. 20.50 statt Fr. 1300

Auf Nachfrage des «Kassensturz» argumentiert Swiss, man wolle Schwarzmarkthandel verhindern. Damit Händler nicht frühzeitig günstige Tickets kaufen und später teuer verkaufen könnten. Und: Nicht nur umbuchen, auch stornieren sei unmöglich. Büchel müsse für seinen Bruder ein neues Ticket kaufen.

Vom ursprünglichen Ticketpreis von mehr als 1300 Franken erhält Remo Büchel nach allen Gebühren noch lächerliche Fr. 20.50 zurück. Das stört ihn enorm: «Nun hat Swiss zwei Mal verdient. Denn sie haben den Sitzplatz meines Bruders nochmals für den vollen Preis verkauft.»

Internationale Flugbestimmungen vorgeschoben

Für Reiserechts-Experte Vito Roberto ist klar, dass die Argumentation von Swiss mit dem Schwarzmarkt nicht stichhaltig ist: «Da ist zunächst einmal zu sagen, dass mehrere Fluglinien Umbuchungen ermöglichen.»

Allerdings müsse man eine Gebühr bezahlen. Roberto nimmt an, dass es deswegen bei diesen Airlines keinen Schwarzhandel gibt. «Wieso das bei Swiss anders sein soll, ist nicht nachvollziehbar.» Es gehe wohl nur darum, dass sich Swiss eine neue Einnahmequelle erschliessen wolle.

Fall 2: «Ferienkürzung» wegen geänderter Flugzeiten

Salvatore Righettino aus Diessenhofen (TG) hat schlechte Erfahrungen mit geänderten Flugzeiten gemacht. Sieben volle Tage Party mit Freunden auf Ibiza: So hatte er sich seine Ferien vorgestellt. Den Tag am Strand verbringen, die Nächte in Bars und Discos. Neckermann-Reisen hatte das passende Angebot. Am Montag in aller Frühe hin und am Sonntag spätabends zurück. «Die Termine waren super.» Mit dieser Reise hätten Righettino und seine Freunde auch den An- und Abreisetag in Ibiza geniessen können.

Doch es kam alles anders: Am Tag vor der Abreise erfährt Salvatore Righettino zufällig, dass der Hinflug erst am Abend ist, die Heimreise schon am Vormittag. «Durch die Änderung der Abflugzeiten haben wir zwei ganze Tage verloren. Das heisst: Sieben Tage gebucht und nur fünf Tage bekommen», erzählt Righettino.

Experte: Entschädigung für gekürzte Ferien

Neckermann wimmelt Salvatore Righettino ab: Änderungen der Flugzeiten müssten hingenommen werden. Weder eine Umbuchung noch eine Rückvergütung seien möglich.

Doch Rechtsexperte Roberto sieht die Rechtslage ganz anders: «Wer sieben volle Ferientage bucht, hat Anspruch darauf, dass er sieben volle Ferientage geniessen kann.» Wer dann nur sechs oder fünfeinhalb Tage am Urlaubsort verbringen könne, habe Anrecht auf eine prozentuale Minderung des Preises.

Als sich «Kassensturz» einschaltet, gibt Neckermann nach: «Da Herr Righettino sowohl beim Hinflug als auch beim Rückflug grössere Veränderungen bei den Flugzeiten hatte, möchten wir ihm gerne 220 Euro vom Reisepreis erstatten.»

Fall 3: Schikanöse Bestimmung von Iberia

Thomas Friedmann aus Basel buchte für seine Frau und deren Tochter Flugtickets bei Iberia. Die beiden Frauen wollten in ihre Heimat Ecuador reisen, Friedmann selber reiste nicht mit.

Er buchte online direkt bei Iberia und bezahlte mit seiner Kreditkarte. Das bereut er heute. Denn Iberia schikaniert ihn mit einer Bestimmung: Er müsse beim Check-in seine Kreditkarte nochmals vorlegen – sonst würden seine Frau und die Tochter nicht befördert.

Unnötige Kosten von 490 Franken

Das hat für Thomas Friedmann finanzielle Konsequenzen: «Da ich am Abreisetag aus beruflichen Gründen nicht nach Zürich fahren konnte, mussten wir alle für das Vorabend-Check-in hinfahren.» Nur um seine Kreditkarte zu zeigen.

Alle drei mussten im Hotel übernachten und haben im Restaurant gegessen. «Mir sind Kosten von 490 Franken entstanden, nur weil ich mit zum Flughafen fahren musste.» Iberia will nichts bezahlen. Gegenüber Kassensturz sagt die Fluggesellschaft, mit dieser Regelung wolle man Kreditkarten-Betrug verhindern.

Reiseveranstalter nutzen Situation aus

Jurist Vito Roberto sieht Friedemann im Recht. Die Praxis der Iberia sei nicht nachvollziehbar. Deshalb müsse sie für die Kosten geradestehen, die sie verursacht habe. «Der Reisende kann also die Kosten geltend machen, die notwendig und angemessen waren.»

Vielfach geht es um kleinere Beträge. Für geprellte Kunden lohnt sich der Gang vor Gericht kaum. Das nutzen viele Reiseveranstalter aus.

Die gute Nachricht für Reisende ist: In den nächsten Monaten setzt der Bundesrat das revidierte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in Kraft. Dann haben die Konsumenten bessere Möglichkeiten, um gegen kundenfeindliche Regelungen im Kleingedruckten und AGBs vorzugehen. Bis dahin müssen sie sich Reisende aber noch einiges gefallen lassen.

Reiserechts-Experte Roberto Vito gibt im Interview auf Fragen zu Hotels Antwort. Ist es in Ordnung, wenn Kakerlaken im Hotelzimmer rumkrabbeln? Wie viel Lärm ist im Hotel akzeptabel? Und muss der Reisende akzeptieren, wenn das Hotel vor Ort mit der Beschreibung und den Bildern im Prospekt nicht viel gemein hat?

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