Der Austritt aus der Kirche steht jedem frei. Er kann ohne grossen Aufwand durchgeführt werden. Klar ist, ein solcher Schritt hat Folgen. Die offensichtlichsten: Man bezahlt keine Kirchensteuer mehr und verliert im Gegenzug das Stimm- und Wahlrecht in der Kirchgemeinde.
Doch es gibt noch weitere Aspekte, die sich manche sicher schon überlegt haben. Wie steht es zum Beispiel mit der kirchlichen Hochzeit? Wird diese einem Kirchenabgänger verweigert? Das Bundesgericht hat 2007 diesbezüglich eigentlich ein klares Urteil gesprochen: Ein Kirchenaustritt erscheint als rechtsmissbräuchlich, «wenn die austretende Person die von der Landeskirche finanzierten Leistungen trotz des Austritts weiterhin uneingeschränkt beansprucht.» Eine Umfrage von «Espresso» bei den Diözesen Basel und St. Gallen sowie beim Schweizer evangelische Kirchenbund zeigt aber: Die Schweizer Kirche ist da offener.
Hier ein paar Fragen, die sich Kirchenabgänger stellen:
Wie alt muss ich sein, um aus der Kirche austreten zu können?
Ab 16 Jahren gelten Jugendliche als mündig in religiösen Angelegenheiten. Bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren müssen die Eltern unterschreiben.
Bleiben meine Kinder in der Kirche, wenn ich austrete?
Ja. Werden die Kinder auf dem Austrittsgesuch der Eltern nicht explizit erwähnt, bleiben sie in der Kirche. Laut Bundesgerichtsentscheid bleibt auch die Kirchensteuerpflicht für sie.
Kann ich trotz Austritt weiterhin Gottesdienste besuchen?
Ja, gemäss Umfrage stehen alle Kirchentüren weiterhin offen.
Kann ich in der katholischen Kirche weiterhin die Kommunion empfangen?
Nein, grundsätzlich geht das nicht mehr. Allerdings zeigen sich beide Diözesen offen: Man bespreche im Einzelfall die Motivation mit der Person, die diesen Wunsch äussert. Das Bistum Basel schreibt zudem, dass schulpflichtige Kinder, deren Eltern sich von der Kirche abgewandt haben, weiterhin die Kommunion empfangen dürfen, wenn die Eltern damit einverstanden sind.
Kann ich trotz Austritt kirchlich heiraten, wenn mein Partner Mitglied der Kirche ist?
In der katholischen und in der reformierten Kirche ist dies unter bestimmten Bedingungen möglich. Auf jeden Fall sollte man das Gespräch mit dem Gemeindepfarrer suchen.
Wo werde ich beerdigt?
Für die Bestattung ist nicht die Kirchgemeinde, sondern die Einwohnergemeinde zuständig. Daher findet jeder Platz auf dem Friedhof. Wird eine christliche Zeremonie gewünscht, wird das Gespräch gesucht. Feste Regeln sieht die Kirche nicht vor. Die katholische Kirche versuche, dem Willen des Verstorbenen und den Bedürfnissen der Hinterbliebenen gerecht werden kann. Die reformierte Kirche erklärt, es werde im Einzelfall entschieden, ob ein Pfarrer eine Rede hält oder nicht.
Kann ich trotzdem noch Gotte/Götti werden?
Im Bistum St. Gallen wird der das Gespräch gesucht und je nach Motivation entschieden. Im Bistum Basel kann man nach Austritt aus der Kirche nicht mehr als Taufpate oder Firmpate zur Verfügung stehen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, Tauf- oder Firmzeuge zu sein. Als solche werden Sie nicht nach der Bereitschaft gefragt, das Tauf- oder Firmkind in die christliche Gemeinschaft einzuführen. Im Taufbuch werden Sie mit dem Vermerk «Taufzeuge» eingetragen. Reformierte Gemeinden entscheiden unterschiedlich. Oft sei es aber so, dass mindestens ein Taufpate der reformierten Kirch angehören sollte.
Kann ich meine Kinder taufen lassen, obwohl ich den Austritt aus der Kirche gegeben habe?
Wenn ausgetretene Eltern die Kinder taufen lassen möchten, wird im Einzelfall ihre Motivation hierfür besprochen. Wünschen schulpflichtige Kinder die Taufe, braucht es das Einverständnis der Eltern.
Können meine Kinder weiterhin in den Religionsunterricht?
Das ist von Gemeinde zu Gemeinde verschieden. Ein Teil der Unterrichtskosten wird in der Regel durch die Kirchensteuer finanziert, daher kann es sein, dass ausgetretene Kinder nicht mehr zugelassen sind.
Gibt es nur die Wahl zwischen Austritt oder Bleiben?
Nein. Die katholische Kirche kennt auch eine Zwischenlösung. Dieses kann interessant sein für Personen, die der Kirche nahestehen, aber zum Beispiel mit dem Gemeindepfarrer nicht einverstanden sind. Und zwar können Katholiken aus der Kirche austreten, ohne sich von der «sakramental verfassten römisch-katholischen Kirche abzuwenden.»
Das heisst: Man verlässt die staatsrechtliche Kirche, bezahlt somit keine Kirchensteuern mehr und verliert das Stimm- und Wahlrecht. Auf der anderen Seite bleibt man aber weiterhin der katholischen Kirche zugehörig und kann auch weiterhin die Sakramente empfangen. Gratis ist das aber nicht: Wer sich für diesen Weg entscheidet, bezahlt einen Solidaritätsbeitrag (etwa in der Höhe der Kirchensteuer) an das zuständige Bistum.