Die Sache sei «dringend» und sie habe sich «umgehend» bei der Zürcher Inkassofirma «4 You Inkasso» zu melden, hiess es auf dem Zettel, den eine Hörerin des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» an ihrer Wohnungstüre im Kanton Graubünden fand.
Betroffene: «Das macht mir Angst»
Sie fühle sich bedroht: «Eine fremde Person stand vor meiner Tür. Das macht mir richtig Angst.» Die Frau macht keinen Hehl daraus, dass sie Schulden abzuzahlen hat, aber sie sei guten Willens und bereits daran, dies auch zu tun, sagt sie. Es gehe um etwas mehr als 1000 Franken.
Wenn sie von Gläubigern über die üblichen Kanäle kontaktiert werde, habe sie kein Problem damit: «Pöstler, Betreibungsbeamte, ja sogar die Polizei, das ist für mich alles okay.» Aber solche Zettel von Unbekannten, mit denen sie letztlich vor den Nachbarn blossgestellt werde, seien nicht in Ordnung.
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Schuldenberater: «Das ist Nötigung»
Schuldenberater Mario Roncoroni gibt ihr Recht. Dieses Vorgehen sei alles andere als okay: «Diese Frau wird an den Pranger gestellt. Für mich ist das Nötigung und somit strafbar», sagt Roncoroni gegenüber «Espresso».
Auch beim Verband Schweizerischer Inkassotreuhandinstitute (VSI) hält man nichts von solchen Methoden: «Das ist mindestens grenzwertig», urteilt VSI-Sprecher Patrik Kneubühl. Das fragliche Inkassobüro sei aber nicht Mitglied des Verbandes, so Kneubühl. Mitglieder müssten sich an die verbandsinternen Standesregeln halten. Und diese verbieten ein solches Einschüchtern und Blossstellen. Auch dann, wenn ein Schuldner auf anderem Weg nicht erreichbar ist.
Inkassofirma: «Briefkasten war überfüllt»
Man habe der Frau den Zettel an die Türe geheftet, weil ihr Briefkasten überfüllt gewesen sei, rechtfertigt sich ein Mitarbeiter der Inkassofirma auf Anfrage. Es handle sich hier um einen «schwierigen Fall» und eine solche «Meldeaufforderung» sei die «letzte Option vor der Betreibung».
Man mache das aber nur in Einzelfällen, schreibt «4 You Inkasso» weiter, habe aber mit der Methode «sehr gute Erfahrungen» gemacht. Angstmache sei aber nicht das Ziel: «Auf keinen Fall darf sich die Schuldnerin eingeschüchtert fühlen.» Aber man müsse schliesslich die Arbeit auch zur Zufriedenheit der Kunden ausführen.
Tipp: Anzeige in Betracht ziehen
Auch wenn die Geldeintreiber das Gegenteil behaupten, solche fiesen Pranger-Methoden schüchtern die Betroffenen ein. Das zeigt auch dieser Fall.
Man sollte sich aber nicht beeindrucken lassen, empfiehlt Schuldenberater Mario Roncoroni: «Ich würde das Inkassobüro in einem eingeschriebenen Brief darauf hinweisen, dass es sich mit diesem Verhalten strafbar macht. Und dass man es anzeigen werde, sollte sich dieses Verhalten wiederholen.»