Danilo Iacovino ist Taxifahrer in Zürich. Er arbeitet gerne nachts, auch wenn er gerade zu dieser Zeit auf den einen oder anderen seltsamen Passagier trifft und aussergewöhnliche Dinge erlebt. Ein solches Erlebnis hatte er am 1. Januar:
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Spät nachts stieg ein Gast zu ihm ins Auto. Er meinte, er hätte kein Geld und müsste unterwegs bei einem Bancomaten stoppen. Gemäss Danilo Iacovino nichts ungewöhnlich; das komme öfters vor. Am Helvetiaplatz stoppt der Taxifahrer deshalb, sein Gast besorgt sich am nahestehenden Bancomaten Geld. Doch dann beobachtet Iacovino, dass sein Fahrgast plötzlich in ein Handgemenge verwickelt wurde.
Um Millimeter zu klein
Die Rangelei verlief glimpflich, der unbekannte Mann kehrte zum Taxi zurück. Weiterfahren wollte er aber nicht und bezahlte – mit einer zerrissenen Hunderternote. Danilo Iacovino prüfte das Notenstück und sah, dass die Seriennummer auf der Rückseite vollständig vorhanden war. Deshalb nahm er sie an: «Ich dachte, die Note wurde während der Streiterei zerrissen. Fast die Hälfte war noch da und ich nahm an, man sei so fair und tausche sie mir aus.»
Am folgenden Tag ging er zur Schweizerischen Nationalbank (SNB), um die defekte Note umzutauschen. Am Schalter mass ein Mitarbeiter den Geldschein sehr genau aus und kam zum Schluss: Die Hunderternote ist zwar echt, aber das übrig gebliebene Stück ist um Haaresbreite zu klein. Die Hunderternote wird nicht ersetzt.
Betrüger schneiden
Die Erklärung findet sich in den SNB-Richtlinien für den Umtausch von beschädigten Banknoten. Dort steht, dass der Inhaber einen Teil an einem Stück vorweisen muss, der grösser als die Hälfte ist. Zudem muss die Seriennummer vollständig ablesbar sein. Auf Anfrage von «Kassensturz» schreibt die Nationalbank dazu: «Ohne diese Bestimmung könnte man aus einer Note zwei halbe machen und dann beide Hälften eintauschen. Das gilt es zu verhindern.»
Das leuchtet soweit ein. Doch tut sich eine neue Frage auf: Hatte Danilo Iacovino einfach Pech? Oder waren Trickdiebe mit einer neuen Masche am Werk? «Kassensturz» fragte den Experten der Bundeskriminalpolizei. Alain Zurwerra – Leiter des Kommissariats für Falschgeld – kennt alle Tricks dieser Art. Er sagt, Betrüger würden in einem solchen Fall mit einem Messer arbeiten. Bei der Note des Taxifahrers fällt ihm auf: «Die Note ist klar zerrissen, nicht zerschnitten. Daher glaube ich nicht, dass hier ein Betrug vorliegt.»
Schweizer Papiergeld hat 16 Sicherheitsmerkmale
Doch der Experte rät, bei zerrissenen oder beschädigten Banknoten genau hinzuschauen: «In der Schweizer Banknote hat es 16 Sicherheitsmerkmale, die man überprüfen und so feststellen kann, ob ein Geldschein echt oder falsch ist.» Wenn die Note echt und noch mehr als die Hälfte davon vorhanden sei, dann könne nichts passieren.
Danilo Iacovinos ominöser Geldschein erfüllte diese Kriterien nicht. Die hundert Franken sind wegen ein paar Millimetern verloren, der Taxifahrer ist enttäuscht: «Wir müssen für unser Geld hart arbeiten und mein Job ist kein leichter.» Eins ist für ihn klar: Beim nächsten Mal überlegt er sich sicher zwei Mal, ob er eine defekte Banknote annimmt.