Die Mutter von Susanne Bandi ist vor einigen Jahren gestorben. In ihrer letzten Lebensphase war sie schwer krank und pflegebedürftig. Die Pflegekosten stiegen immer mehr und belasteten die ganze Familie.
Hilflosen-Entschädigung auf Empfehlung beantragt
«Im Pflegheim hat man uns gesagt, unsere Mutter habe nicht nur Ergänzungsleistungen zugute, sondern auch Hilflosen-Entschädigung. Das haben wir beantragt und auch bekommen», erzählt Susanne Bandi. Mit diesem Geld liess sich die Pflege knapp finanzieren. Alles schien geregelt.
AHV fordert 18‘000 Franken zurück
Doch einige Zeit später flattert eine Rückforderung der Berner Ausgleichskasse ins Haus. Die erkrankte Mutter müsse zu viel bezogene Ergänzungsleistungen zurückbezahlen. Insgesamt über 18‘000 Franken.
«Die Hilflosen-Entschädigung sei schon rechtens, hiess es. Aber man hätte die Ergänzungsleistungen kürzen müssen. Und wir hätten das melden sollen», erzählt Bandi.
Angehörige mit Situation überfordert
Tatsächlich: Wer Hilflosen-Entschädigung erhält, hat weniger Ergänzungsleistungen zugute. Dies war den Angehörigen aber nicht bewusst. Wegen der Krankheit und dem bald darauf erfolgten Tod der Mutter waren die Schwestern sehr belastet.
«Mit der Unterscheidung von Ergänzungsleistungen und Hilflosen-Entschädigung kann man schon sagen, dass der Durchschnitt der Leute überfordert ist. Das waren wir in dieser Situation auch.»
AHV fordert Geld von Erben zurück
Die Angehörigen sind überzeugt, bei der Rückforderung handle es sich um einen Irrtum. Sie beschweren sich telefonisch bei der Ausgleichskasse, hören aber nichts mehr. Wenige Monate später verstirbt die Mutter und Susanne Bandi und ihrer Schwester treten das Erbe an.
Vier Monate später meldet sich die AHV wieder und fordert die 18‘000 Franken ein. Obwohl das Erbe sich nur auf rund 4000 Franken belief, muss Susanne Bandi den Betrag zurückzahlen.
Andreas Dummermuth, Präsident der kantonalen Ausgleichskassen betont die Rechtmässigkeit der Forderung in einem solchen Fall – also bei zu viel bezogenen Ergänzungsleistungen: «Wenn die Person bereits gestorben ist, müssen die Erben für die Schulden eintreten.»
Immer mehr erben Angehörige Schulden
Fälle wie derjenige von Familie Bandi würden sich häufen, sagt Thomas Gächter, Professor für Sozialversicherungsrecht. «Es ist nicht selten, dass Erben mit so einer Forderung konfrontiert werden. Das heisst, es geht schon in Richtung Normalfall.»
Die Menschen würden immer älter. Ihre Pflege brauche das Ersparte oft auf. Betagte seien deshalb immer öfter auf Sozialleistungen angewiesen, so Gächter. Doppelzahlungen seien schnell passiert.
Einem Behördenschreiben schenkten die Angehörigen zu wenig Beachtung. Die Folge: Sie erbten von ihrer Mutter nur Schulden. Kommt hinzu, dass die Forderung der Behörden an die Erben erst vier Monate nach dem Tod erfolgte. Zu spät für Susanne Bandi. «Wenn wir das früher erfahren hätten, hätten wir das Erbe natürlich ausgeschlagen. So hatten wir die Chance gar nicht mehr.»