Die hübsche asiatische Modedesignerin Irene Andrade kontaktierte den 27-jährigen Studenten Peter L. via Facebook. Er war erst skeptisch, überlegte, ob die Person echt sei: «Denn falsche Anfragen bekommt man auf Facebook täglich», erinnert er sich. Doch als er sah, dass sie gemeinsame Freunde hatten und das Profil schon länger existierte, nahm er die Freundschaftsanfrage an.
Es war der Start einer Abzockmasche, vor der Kriminalbehörden auf der ganzen Welt warnen und die vermehrt auch junge internetaffine Menschen trifft. Das sogenannte «Pig Butchering» stammt aus China und heisst wörtlich: das Schwein schlachten. Opfer werden nach Drehbuch gemästet und ausgenommen. Sie glauben, ihr Geld in Krypto-Anlagen zu investieren. Doch es geht direkt zu Betrügern.
Spuren verwischen dank Krypto-Geld
Bei Peter L. machte sich die junge Asiatin daran, über Wochen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, mit stundenlangen WhatsApp-Chats. Bis sie ihn dazu brachte, sein ganzes Vermögen an der Börse Binance in die Krypto-Währung Tether umzuwandeln und scheinbar in eine Trading-App zu investieren. Von dort verlieren sich die Geldspuren.
Ihre Identität war professionell gemacht, mit gekauften Fotos eines chinesischen Models, wie Peter L. heute vermutet. Der Chat war angereichert mit Alltagsfotos aus dem Internet, die er aber trotz Rückwärts-Bildersuche nicht entlarvte. Auch die scheinbare Trading-App «Ace Pro» aus dem Apple Store war nicht als gefälscht zu erkennen.
Betrug mit App aus dem offiziellen Apple Store
Jagadeesh Chandraiah untersucht als Sicherheitsexperte für die Internetfirma Sophos seit Jahren dieses Betrugsmuster. Ihn kontaktierte auch Peter L. «Die App wurde als QR-Scanner-App zugelassen von Apple und nachher zu einer professionell wirkenden Trading-App umfunktioniert. Dies geschah mit einer geänderten Web-Adresse im Hintergrund», fand Jagadeesh Chandraiah heraus. Ein Sicherheitsrisiko, das auch andere Apps hätten.
Hinter dem Betrug stehen asiatische Verbrechersyndikate. Sie stammten oft aus China und seien von dort Richtung Länder wie Kambodscha vertrieben worden, erzählt Sicherheitsexperte Jagadeesh Chandraiah.
Sie seien wie Unternehmen aufgebaut, mit eigenen Finanzabteilungen und angesiedelt in offiziellen Wohnkomplexen. Dort wohnten auch die sogenannten «Keyboarder», die rund um die Uhr das Chatting mit den Opfern tätigen. Sie seien oft selber Opfer von Menschenhandel, angelockt mit Geldversprechen, und dann festgehalten.
Der Student Peter L. hat beim Betrug sein ganzes Vermögen von 10'000 Franken verloren. Obwohl er sich bei der Polizei gemeldet hat. Denn Kryptozahlungen sind kaum nachverfolgbar.