Das Urteil kam in dieser Härte unerwartet: Das Amtsgericht im deutschen Reutlingen verurteilt den Hersteller des Bioresonanzgeräts «Bio Scan» wegen gewerbsmässigen Betrugs. Die zwei Geschäftsführer müssen zusammen vier Millionen Euro Strafe bezahlen. Die Staatsanwaltschaft kam zum Schluss: Das Bioresonanz-Messgerät «Bio Scan» kann praktisch nichts messen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
In der Schweiz hat der Importeuer das Gerät «Bio Scan» bereits von der Homepage genommen. Gegenüber «Kassensturz» wollten sich weder Importeur noch Hersteller äussern.
Bioresonanz boomt
Den Begriff Bioresonanz beanspruchen ein halbes Dutzend sich konkurrenzierender Geräte-Hersteller. Unter anderen die Firma Timewaver. Die Firma stand mit ihrem Gerät nicht vor Gericht. Mit ihm arbeiten Therapeuten und unter anderen auch der St. Galler Arzt Manfred Doepp.
«Kassensturz» kritisierte Manfred Doepp und seinen Timewaver 2021, weil er mit dem Bioresonanzgerät und zusätzlichen Nahrungsergänzungsmitteln eine Krebspatientin behandelt hatte. Sie starb nach der Behandlung. Ob die Überlebenschancen mit Schulmedizin grösser gewesen wären, lässt sich nicht sagen.
Manfred Doepp schreibt, die Patientin, die er gegen Krebs behandelte, habe sich «explizit gegen die Schulmedizin entschieden. Jeder Patient in der Schweiz hat den freien Willen, zu entscheiden, welche Behandlung er will.» Schon früher hatte Doepp in einem Interview gesagt, man habe «die ganze Zeit» auf die Patientin «eingeredet»: «Bitte lassen Sie sich definitiv behandeln. Operation. Chemotherapie». Zum deutschen Gerichtsurteil meint er: «Der Timewaver ist dem vom deutschen Gericht kritisierten Gerät weit überlegen.»
Untersuchung läuft
Nach dem «Kassensturz»-Bericht leitete das kantonale Gesundheitsdepartement St. Gallen eine Untersuchung gegen den Arzt ein. Doch die Untersuchung ist auch nach eindreiviertel Jahren immer noch nicht abgeschlossen. «Kassensturz» fragt mehrmals nach dem Stand der Dinge. Die kurze Antwort: «Sie können sich darauf verlassen, dass Sie – wie schon mehrfach versprochen – rechtzeitig informiert werden, wenn der aufsichtsrechtliche Entscheid vorliegt. Der Entscheid ist noch in Bearbeitung.»
Das ist nicht haltbar. Der Kanton gibt die Praxisbewilligung und hat dann auch die Verantwortung, dass Leute nicht zu Schaden kommen.
Dass die Untersuchung in St. Gallen noch immer nicht abgeschlossen ist, kritisiert Thomas Cerny, Präsident der Krebsforschung Schweiz: «Das ist nicht haltbar. Der Kanton gibt die Praxisbewilligung und hat dann auch die Verantwortung, dass Leute nicht zu Schaden kommen.»
1.5 Jahre Untersuchung – auch für Josef Kobler, den Vater der verstorbenen Krebspatientin, unverständlich: «Dass man hier so lange wartet, bis etwas passiert. Meine Frau und ich wollen ja die anderen schützen, die jetzt zu ihm gehen.»