Online-Shops möchten möglichst viel verkaufen. Um den Umsatz zu steigern, setzen sie deshalb auch auf Design-Elemente, welche das Kaufverhalten beeinflussen sollen. Im Fachjargon spricht man von sogenannten Dark Patterns – übersetzt etwa «finstere Muster». Damit sind Webseiten-Elemente oder -Gestaltungen gemeint, welche die Seitenbesucher beeinflussen – und schlimmstenfalls manipulieren.
Dark Patterns verführen zum Kaufen
Die konsumkritische NGO Public Eye hat zusammen mit der Westschweizer Konsumentenorganisation FRC grosse Fashionshops auf solche Elemente untersucht. Als Dark Patterns bezeichnen die Organisationen zum Beispiel zeitlich limitierte Rabattaktionen. Oder Rabatte, die ab einem bestimmten Warenwert gelten. Oder Hinweise, dass die Versandgebühren entfallen, wenn der Warenwert eine bestimmte Schwelle übersteigt.
«Solche Elemente beeinflussen die Käufer-Entscheidungen. Dark Patterns haben das Ziel, dass die Leute impulsiv und mehr kaufen», sagt Public-Eye-Sprecherin Géraldine Viret gegenüber der RTS-Sendung «A Bon Entendeur».
Psychologische Kniffs wie Torschlusspanik
Ein anderes Beispiel für Dark Patterns kann laut Public Eye auch die Begrenzung des Angebots sein. Zum Beispiel wenn es heisst: «Nur noch wenige Artikel verfügbar» oder «verkauft sich schnell». Solche Botschaften könnten tatsächlich zu unüberlegten Käufen führen, sagt Olivier Kennedy, Geschäftsführer der auf Digital-Werbung spezialisierten Agentur Enigma. «Sagt man, es gebe vom Produkt nur noch 3 Stück, erzeugt das eine Art Torschlusspanik. Dafür gibt es den englischen Fachausdruck Fomo – Fear of missing out. Man hat Angst, etwas zu verpassen.» Und wenn man bei den Kunden ein solches Gefühl erzeugen könne, steigere das die Verkaufs-Chancen deutlich.
Das Ziel der Webseiten-Betreiber sei klar, sagt Kennedy: Kunden sollen mehr kaufen. Und: Möglichst viele Seitenbesucher sollen zu Kunden werden. «Die Gestaltung der Seite hat dabei einen grossen Einfluss. Macht man seine Arbeit gut, verkauft man bis zu 30 Prozent mehr, als wenn man die Webseite einfach gestaltet.»
Public Eye: Alle setzen solche Elemente ein
17 grosse Fashionshops haben Public Eye und FRC auf solche Muster untersucht. «Wir stellten fest, dass diese Manipulationsform überall eingesetzt wird, wenn auch mit grossen Unterschieden zwischen den Plattformen», sagt Géraldine Viret von Public Eye.
Pro Fashionshop fanden die Studienautorinnen und -autoren zwischen 4 und 18 Dark Patterns. Am wenigsten Elemente fanden sie bei Zara und Globus, am meisten beim chinesischen Fastfashion-Riesen Shein, der mittlerweile auch in der Schweiz immer bekannter wird.
Die Recherche zeigt: Viele der Patterns haben es auf die Daten der Kundschaft abgesehen. So ist bei manchen Shops das Bestellen nur mit einem Kundenkonto möglich. Als Gast gibt es keine Möglichkeit, zu bestellen. Ein weiterer häufiger Befund: Die Cookie-Einstellungen sind nicht oder nur sehr mühsam änderbar. Auch damit gelangen die Shops an viele Kundendaten.
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Besonders verbreitet waren Patterns, welche die Konsumentinnen und Konsumenten verleiten, mehr zu kaufen. Das sei angesichts des Überkonsums ein grosses Problem, so Public Eye und FRC. Die beiden Organisationen fordern, dass die Politik das Problem angeht. Der Einsatz von Dark Patterns müsse kontrolliert werden.
Ob es dazu kommt, ist unklar. Im Frühling hat der Nationalrat ein entsprechendes Postulat angenommen, das vom Bundesrat einen Bericht zu Dark Patterns fordert.