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Spange gegen Atemaussetzer: Krankenkasse verweigert Bezahlung
Aus Kassensturz vom 13.06.2023.
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Was tun als Versicherte? Spange gegen Atemaussetzer: Krankenkasse verweigert Bezahlung

Wenn einzelne Krankenkassen Kosten nicht übernehmen, bleibt Betroffenen oft nur der Gang vor Gericht.

Jede Nacht schlief Klara M. mit einer Atemmaske über dem Gesicht, die sie mit Sauerstoff versorgte und Atemaussetzer verhinderte. Doch sie vertrug diese unbequeme Maske schlecht. Deshalb war sie froh über eine einfachere Lösung: eine spezielle Spange gegen ihr Schnarchen und die Schlafapnoe.

Wirksame Spange gegen Schlafapnoe

Dominik Ettlin, ein renommierter Zahnarzt und Kiefer-Spezialist, bestätigt die Wirksamkeit dieser Spange: «Das Problem bei obstruktiver Schlafapnoe ist, dass Weichteile den Atemweg verschliessen und diese Weichteile mit dem Unterkiefer verbunden sind. Wenn man mit der Spange den Unterkiefer vorne behält, werden die Atemwege offen gehalten», erklärt er.

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Dominik Ettlin, Zahnarzt und Kieferspezialist, erklärt das Problem der obstruktiven Schlafapnoe
Aus Kassensturz vom 13.06.2023.
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Hin und Her mit Krankenkasse

Doch obwohl die Spange das Problem löst und für mehr Atemluft sorgt, sowie auch das Schnarchen reduziert, beginnt für Klara M. eine bürokratische Odyssee. Ihre Krankenkasse, die Swica, lehnt zunächst die Bezahlung der sogenannten Protrusionsschiene ab, übernimmt dann die Kostenzusage, nur um sie später wieder zu widerrufen.

Inzwischen lehnt die Swica bei Klara M. jede Zahlung ab. Die Kasse argumentiert, dass gemäss Zahnärztegesellschaft SSO eine Kostenübernahme voraussetze, dass keine Zähne fehlen dürften und keine Zahnerkrankung vorliege. Dass dies Voraussetzung für eine Kostenpflicht sei, bestreitet die SSO deutlich.

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Krankenkasse raubt Schnarcherin den Schlaf
aus Espresso vom 16.06.2023. Bild: Imago Images / Shotshop
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Swica und Concordia-Krankenkassen verweigern Zahlung

Während die Spangen nach Aussage von Dominik Ettlin von fast allen Krankenkassen problemlos bezahlt werden, blockieren einige wenige immer wieder Kostengutsprachen. Die Concordia etwa lehne regelmässig Rechnungen ab. Das Ergebnis: Betroffene bleiben auf den Kosten sitzen.

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Thomas Gächter, Professor für Sozialversicherungsrecht Uni Zürich: «Ich glaube nicht, dass man den Wortlaut in der MiGel-Liste präzisieren muss, er ist klar genug.»
Aus Kassensturz vom 13.06.2023.
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MiGel schreibt Zahlungspflicht vor

In der sogenannten Mittel- und Gegenstände-Liste des Bundesamtes für Gesundheit (MiGel) stehen alle Gegenstände, die ein Krankenversicherer aus der Grundversicherung zahlen muss. Darin enthalten ist auch die Unterkiefer-Protrusionsschiene. MiGel schreibt vor, dass die Krankenkassen 730 Franken für die Schiene übernehmen müssen und zusätzlich die Kosten der zahnärztlichen Behandlung. Die Concordia behauptet jedoch, dass die Kosten für Herstellung und Anpassung bereits im Schienenpreis inbegriffen seien.

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Spange wäre billiger für Kassen

Thomas Gächter, Professor für Sozialversicherungsrecht, argumentiert jedoch, dass die MiGel eine Kostenpflicht vorschreibe und die Kassen somit bezahlen müssten. Pikant: Eine vollständige Vergütung der 1700 Franken teuren Schiene wäre für die Krankenkassen sogar günstiger als ein Sauerstoffgerät, das für drei Jahre Miete 3297 Franken kostet.

Ich hoffe, dass die Kasse die Kosten doch noch übernimmt. Es ist ja eine Krankheit, ich mache das nicht aus Spass.
Autor: Klara M.

Versicherte müssen vor Gericht

Trotz scheinbar klarer Regelung in der MiGel – Kassen entscheiden nach eigenem Gusto. Was können Versicherte machen? Thomas Gächter betont: «Ein Versicherter muss im konkreten Fall Widerspruch einlegen und die Leistungen bei der Krankenkasse vor Gericht einklagen. Das ist unangenehm für den Versicherten, aber das ist die Konsequenz davon, dass wir mehrere Krankenversicherer haben und damit auch Praxisabweichungen entstehen können.»

Klara M. möchte nicht zum unbequemen Sauerstoff-Gerät zurückkehren. Ein Gerichtsverfahren traut sie sich nicht zu und ist teuer: «Ich hoffe, dass die Kasse die Kosten doch noch übernimmt. Es ist ja eine Krankheit, ich mache das nicht aus Spass.»

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Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner über die Möglichkeiten, die Betroffene in einem solchen Fall haben
Aus Kassensturz vom 13.06.2023.
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Kassensturz, 13.06.23, 21:05 Uhr

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