Es ist ein schwerer Rückschlag fürs Getränkekarton-Recycling in der Schweiz. Aldi hat auf Ende März seine Sammelstellen aufgehoben. Nicht etwa, weil diese nicht gefragt waren. Nein, sie waren zu erfolgreich.
2016 richtete Aldi die ersten Sammelstellen für Getränkekartons ein. 2018 wurden bereits über 1100 Tonnen zurückgebracht. Der Discounter schreibt, dass mitunter dieses enorme Wachstum innerhalb kurzer Zeit zur Einstellung der Sammlung führte: «Solche Mengen können mit unserem Filialbelieferungs-Logistiksystem nicht ohne Zusatztransporte abgedeckt werden.»
70 Prozent Getränkekartons von der Konkurrenz
Mit Zusatzfahrten für den Abtransport der Getränkekartons habe die Ökobilanz nicht mehr gestimmt, erklärt der Discounter. Aldi kritisiert auch die Konkurrenz. Rund 70 Prozent der eingeworfenen Getränkekartons seien von Mitbewerbern gewesen. Die Kosten für das Recycling habe man aber allein getragen. Fazit von Aldi: «Ein Alleingang von Aldi Suisse als relativ kleiner Marktteilnehmer ist auf Dauer logistisch und finanziell nicht machbar.»
In der ganzen Schweiz verbleiben so nur noch rund 100 Sammelstellen für Getränkekartons. In einigen Kantonen gibt es gar keine mehr, in anderen nur gerade zwei oder drei. Das ist nichts im Vergleich mit den Sammelstellen für Glas, Alu oder PET. War’s das also mit dem Getränkekarton-Recycling in der Schweiz?
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Die Vision von Aldi und dem Verein Getränkekarton-Recycling bleibt, dass sich die Branche, wie beim PET, auf eine freiwillige vorgezogene Recyclinggebühr einigt. Die IG Detailhandel, der Migros, Coop, Denner und Manor angehören, winkt ab. Einerseits aus Kostengründen: Eine solche Gebühr könnte kaum auf die Kunden überwälzt werden, sagt Patrick Marty von der IG Detailhandel. Dafür sei der Wettbewerb in der Branche zu gross: «Die Gebühr müsste am Schluss vom Detailhandel getragen werden.»
Streit um die Ökobilanz
Noch wichtiger sei aber ein anderes Argument. Die Ökobilanz sei praktisch gleich gut, wenn man die Getränkekartons verbrenne und die dabei entstehende Wärme nutze. Der ökologische Nutzen des Getränkekarton-Recyclings sei also zu gering.
Dem hält der Verein Getränkekarton-Recycling, dem grosse Verpackungshersteller angehören, entgegen: Wenn in der ganzen Schweiz Getränkekartons gesammelt würden, müsste jedes Jahr eine Fläche von 11'000 Fussballfeldern weniger Wald abgeholzt werden.
Angesichts der aktuellen Lage schätzt der Verein die Chancen für eine freiwillige Branchenlösung als gering ein. Er setzt daher auf andere Lösungen. Einerseits eine politische: Das Parlament könnte für Getränkekartons eine obligatorische vorgezogene Entsorgungsgebühr beschliessen. Eine solche gibt es bereits für Glas und Aluminium.
Andererseits prüft der Verein aber auch Lösungen aus dem Ausland, wo das Getränkekarton-Recycling längstens etabliert sei. Simone Alabor vom Verein Getränkekarton-Recycling meint: «Es kann doch nicht sein, dass im Recycling-Land Schweiz nicht möglich ist, was im Ausland bereits Standard ist.»