«Die Möbel kommen nächste Woche.» Das hörte der zornige Kunde seit einem Jahr. Er hatte acht Stühle und einen Tisch bei der Firma Nativo Möbel bestellt. Er reklamierte monatelang, trotzdem erhielt er weder die Stühle und auch nicht das Geld zurück. Erst als sich «Kassensturz» einschaltet, zahlt Nativo dem Kunden die Vorauszahlung zurück.
Das Vertrauen schwindet Woche für Woche
Service:
Und das ist nicht der einzige unzufriedene Kunde von Nativo Möbel. Bei der Stiftung für Konsumentenschutz und beim «Kassensturz» stapelten sich in diesem Frühjahr die Beschwerden. Kunden beklagten sich über den mangelhaften Kundenservice, über schadhaft gelieferte Möbel und über lange Lieferfristen. Einige Kunden mussten sich bis zu einem Jahr gedulden, bis ihre Bestellung geliefert wurde. Ausserdem berichteten Kunden über den rüden Umgangston des Nativo-Kundendiensts.
«Das Vertrauen schwand von Woche zu Woche», sagt eine Kundin, die über tausend Franken für ihr Möbel im Voraus bezahlt hat und nach sechs Monaten immer noch kein Möbel erhalten hat.
Was Nativo-Kunden durchmachen, ist nicht neu. In den letzten Jahren meldeten sich immer wieder verärgerte «Kassensturz»-Zuschauer, die bei anderen Firmen Möbel vorausbezahlten und entweder lange oder gar vergebens auf ihren Kauf warteten. Auffallend: Nach der Flut an Beschwerden und Betreibungen gingen diese Firmen Konkurs und hinterliessen zahlreiche Gläubiger. «Kassensturz»-Recherchen decken nun auf: Hinter diesen Firmen steckten oft die gleichen Personen. Diese tauchen nun auch bei der Nativo wieder auf.
Um diese Firmen und Namen geht es:
- Swiss Idea in Bülach, Konkurs 2011: Die Firma Swiss Idea AG handelte mit Design-Möbeln, welche sie über Auktionsplattformen verkaufte. Die Firma wurde 2008 von Mitgliedern der Familie B. gegründet, unter anderem von Michael B. Das Geschäft lief nicht reibungslos, Schulden und Beschwerden der Kunden häuften sich. Ein Jahr vor dem Konkurs traten die Mitglieder der Familie B. aus dem Verwaltungsrat aus. Im Juli 2011 ging die Firma Konkurs und Gläubiger meldeten im Konkursverfahren Forderungen von über einer Million Franken an. Der grösste Gläubiger reichte Strafanzeige gegen die Verwaltungsratsmitglieder der Swiss Idea ein. Auch gegen Michael B. Er verkaufte nach eigenen Angaben seine Anteile.
- Mycrib in Schlieren, Konkurs 2013: Auch die Firma Mycrib handelte mit Design-Möbel zu Tiefstpreisen. Die Beschwerden tönten alle gleich: Enorm lange Lieferfristen, miserabler Kundendienst, oder die Möbel kamen einfach nie an. Im August 2013 meldete die Firma Konkurs an. Forderungen der Gläubiger: 1,3 Millionen Franken und rund 100 geschädigte Kunden. Michael B. arbeitete auch in diesem Unternehmen. Als Verwaltungsrat tauchte Jan L. auf. Der Konkurs wurde mangels Aktiven eingestellt, die Gläubiger gingen leer aus.
- Möbella in Regensdorf, Konkurs 2015. Ein ehemaliger Verkäufer von Mycrib namens Besford M. gründete mit weiteren Partnern im Juli 2014 die Firma Möbella in Regensdorf. Im Hintergrund arbeitete damals Jan L., der ehemalige Verwaltungsrat der Firma Mycrib. Die Firma Möbella verkaufte die gleichen Design-Möbel wie zuvor die Firma Mycrib. Nicht dabei war in diesem Fall Michael B. Die Firma Möbella lieferte nach kurzer Zeit keine Möbel mehr aus. Zahlreiche Kunden hatten schon Anzahlungen geleistet. Gläubiger stellten Forderungen von mehreren 100'000 Franken. Die Staatsanwaltschaft leitete eine Strafuntersuchung wegen Betrugs ein.
- Nativo Möbel in Regensdorf: In Regensdorf hat die Firma Nativo vor kurzem einen neuen Show-Room bezogen. Auch hier ist Michael B. tätig. «Kassensturz» erfährt, dass auch Besford M. und Jan L. kurz bei Nativo arbeiteten. Von der Firma Möbella distanziert sich die Nativo energisch.
Experte erkennt ein Muster
«Das riecht nach einer Systematik im Geschäftsleben, die ganz gezielt auf Konsumenten aus ist», sagt der Konkursrechtsexperte Felix Meier-Dieterle. Er hat die Rechercheunterlagen studiert und erkennt immer ähnliche Muster:
- Die Firmen bleiben nur kurz aktiv.
- ziemlich schnell tauchen Betreibungen auf.
- Ebenfalls auffallend: Häufig wechselt die Geschäftsführung oder der Verwaltungsrat noch vor dem Aus.
Ausserdem seien die Beträge relativ tief: «Man weiss natürlich, dass sich bei einer Grössenordnung von 1000 bis 4000 Franken niemand den Rechtsweg, also einen Anwalt oder auch die Gerichtkosten leisten kann, um das Geld zurückzufordern.»
Nativo: Beschwerden und Schulden
Zahlreiche Kunden wehren sich nun gegen die Firma Nativo und betreiben sie. Erst nachdem sich «Kassensturz» einschaltet, bekommt die eine Kundin nach einer Wartezeit von über sieben Monaten ihren Tisch geliefert. Nach einem Jahr und mit Hilfe des Rechtsschutzes bekommt ein weiterer Kunden seine geleistete Vorauszahlung zurück.
Die Nativo lässt durch ihren Anwalt ausrichten: «Macht der Kunde von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch, erhält er die geleistete Anzahlung ohne Stornierungskosten zurück. Fälle, in denen die Rückzahlung nicht geleistet worden wäre, sind […] nicht bekannt.» Der Anwalt sieht das Problem bei den Kunden. Diese würden oft noch vor Ablauf der vertraglichen Lieferfristen reklamieren. Und weiter schreibt der Anwalt von Nativo: «Meine Mandantin hatte 2015 fast 8‘800 Transaktionen und eine Reklamationsquote von acht Prozent. Sie dürfte sich damit im Vergleich zu anderen Möbelhändlern […] im Branchendurchschnitt bewegen.» Ein Vergleich mit den drei genannten konkursiten Firmen sei nicht gerechtfertigt.
Auf Anfrage von «Kassensturz» schreiben die Verantwortlichen der Möbella, der Konkurs der Möbella AG sei nur eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen. Fehlentscheide seitens der Geschäftsführung hätten zu diesem unglücklichen Ausgang geführt. Den Vorwurf des Betruges bestreiten die Partner der Möbella vehement.