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Firmen zocken Kunden am Telefon ab
Aus Kassensturz vom 12.04.2011.
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Konsum Firmen zocken Kunden am Telefon ab

Eine Gebühr fürs Warten in der Schlange in der Bäckerei. Kein Mensch würde bezahlen. Doch genau so gehen viele Unternehmen mit ihren teuren 0900-Kundennummern vor: Sie schicken die Kunden in die Wartelinie und lassen den Zähler laufen.

So wie Eveline Herzer denken viele Kundinnen und Kunden: «Für eine Dienstleistung zahle ich gerne, aber fürs Hängenbleiben in der Wartelinie Geld zu verlangen, das geht doch nicht!» Eveline Herzer hat Ende Jahr auf der Kundenhotline von Easyjet fast 100 Franken ausgegeben – für 2 Mal 30 Minuten warten. Ihr war nicht bewusst, dass schon die Zeit in der Wartelinie 1.50 pro Minute kostet.

Keine Tickets, aber hohe Rechnung

Auch über das Geschäftsgebaren von Ticketcorner ärgern sich Konsumenten seit Jahren. Beim Vorverkauf für Konzerte oder Sportanlässe wollen Zehntausende ein Ticket. Logisch kommt es zu Engpässen. Unverschämt finden Kunden, dass Ticketcorner auch von den Tausenden, die auf die Bestell-Hotline anrufen und es nur in die Warteschleife schaffen, Geld kassiert. «Das ist doch fast Diebstahl», sagt Erica Bieri.

Sie wollte Tickets für den Federer-Tennismatch in Zürich. Den ganzen Morgen versuchte sie es - immer wieder. Das Resultat: Keine Tickets, aber eine hohe Telefonrechnung. «Dass man in der Schweiz nur fürs Abspielen eines Bandes Geld kassieren darf finde ich einen Skandal», sagt Erica Bieri.

Ticketcorner: Wartelinie endlich gratis

Ticketcorner steht seit Jahren für das Abkassieren in der Wartelinie in der Kritik. Immer wieder haben die Verantwortlichen versprochen, die Gebühr für die Wartelinie abzuschaffen. Passiert ist nichts.

Jetzt endlich will der neue CEO Andreas Angehrn handeln: «Das Problem ist uns bewusst, aber wir mussten zuerst in eine neue Telefonanlage investieren.» Diesen Sommer soll es soweit sein: Verbunden wird nur noch, wer auch zu einem Agenten gelangt. Fürs Warten wird keine Gebühr kassiert. Eine Selbstverständlichkeit setzt sich durch.

Viele Unternehmen kassieren fürs Warten

Abkassieren in der Warteschleife ist in der Schweiz legal und verbreitet. Fluggesellschaften, Fernsehverkaufskanäle, aber auch der Railservice der SBB lässt den Gebührenzähler schon beim Warten laufen. Die meisten begründen dies mit technischen Schwierigkeiten. Es sei bei der Abrechnung mit den Telefongesellschaften schwierig, zwischen der Zeit der Wartelinie und jener im Gespräch mit dem Callcenter zu unterscheiden.

Dennoch zeigen viele, dass es auch anders geht: Auf der Beratungshotline der Stiftung für Konsumentenschutz beispielsweise oder beim Ticketverkäufer «Starticket» zahlen Kunden nur, wenn sie auch verbunden werden.

Verbot in Deutschland

In Deutschland wird gehandelt: Die deutsche Verbraucherministerin will ein Verbot für die Gebühren in der Warteschleife. Um den Anbietern die Umstellung zu ermöglichen, wird über eine Übergangsfrist diskutiert. In dieser Zeit sollen die ersten zwei Minuten gratis sein. Eine solche Massnahme wäre auch in der Schweiz technisch schnell umsetzbar.

Verfahren gegen Easyjet

Doch die Behörden sehen vorläufig keinen Bedarf einzugreifen. «Der Konsument ist bereits genügend geschützt», sagt Philipp Metzger, Vizedirektor vom Bundesamt für Kommunikation. Für Wartelinien gelten nämlich verschärfte Transparenzvorschriften. «Die Einweisung in die Wartelinien muss immer mit der Durchsage der Kosten verbunden sein. Dann kann der Kunde oder die Kundin entscheiden, ob man warten will oder nicht», erklärt Metzger.

Doch Recherchen von «Kassensturz» haben gezeigt, dass sich nicht alle Anbieter daran halten. Easyjet kündigt ihre Kosten am Telefon nicht an. Das Bakom untersucht diesen Fall.

Zum Vorwurf der fehlenden Kostenansage schreibt EasyJet: Sie seien mit dieser Vorschrift «nicht vetraut» gewesen. Die Rechtsabteilung kläre die Frage ab. Die Fluggesellschaft betont ausserdem, sie werde demnächst eine neue Kundenhotline-Nummer einführen, die nur noch 8 Rappen pro Minute koste.

Wie man kostenpflichtige Nummern umgehen kann:

  • Besuchen Sie die Internetseite der Firma, die Sie anrufen wollen: Im Impressum oder unter Kontakte finden Sie allenfalls eine herkömmliche Festnetznummer. Auch für Auslandkunden werden meist Festnetz-Nummern angegeben.
  • Auf der deutschen Internetseite «0180.info» sammeln Verbraucher für andere Verbraucher alternative Telefon-Nummern. Geben Sie dort das Unternehmen oder die Hotline-Nummer ein. Falls vorhanden wird Ihnen eine Ersatznummer angegeben.

    Diese Seite beinhaltet zwar keine Schweizer Unternehmen, bei internationalen Firmen wie Easyjet finden Sie aber auch hier Ersatznummern.

Diese Tricks funktionieren nicht immer. Ein Versuch kann sich aber lohnen.

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