Nisha Fähndrich war während Jahren glücklich in ihrem Job. Sie arbeitete Teilzeit als Kursleiterin für Informatik bei der Benedict-Schule. Bezahlt wurde sie im Stundenlohn. «Ich war sehr zufrieden mit meinem Arbeitgeber und konnte auch nach der Geburt unserer Tochter weiterarbeiten», sagt Nisha Fähndrich.
Arbeitgeber mündlich über Krankheit informiert
Doch vor vier Jahren der Schock: Nach längerem Unwohlsein landete sie im Spital. Die Ärzte diagnostizierten ein akutes Leberversagen. Die junge Mutter wurde krankgeschrieben.
Ihr Mann, Peter Fähndrich, kontaktierte umgehend den Arbeitgeber. Am Telefon rapportierte er der Benedict-Schule, wie es um den Gesundheitszustand seiner Frau steht. «Der Chef meiner Frau bedankte sich bei mir für die Information und wünschte ihr alles Gute», sagt Peter Fähndrich. Da er mit der Situation überfordert war, schickte er dem Arbeitgeber vorerst kein Arztzeugnis.
Lebensgefährlich krank und keinen Lohn mehr
Nisha Fähndrich erholte sich nicht. Knapp einen Monat nach dem akuten Leberversagen wurde sie notfallmässig ins Spital eingeliefert. Während Tagen war unklar, ob sie überleben würde. Ihr behandelnder Arzt vom Kantonsspital Aarau Jürg Knuchel sagt: «Sie war lebensbedrohlich krank wegen einer massiven Dickdarmentzündung. Als lebensrettende Sofortmassnahme musste ihr ein Teil des Dickdarms entfernt werden.»
Uns fehlte die Grundlage für eine Anmeldung bei der Krankentaggeldversicherung.
Nisha Fähndrich überlebte. Doch an Arbeit war nicht zu denken. Diesmal informierte Peter Fähndrich den Arbeitgeber seiner Frau schriftlich und mündlich. «Mir wurde mündlich bestätigt, dass die Unterlagen eingetroffen seien und dass das läuft mit dem Krankentaggeld.» Trotzdem erhält Nisha Fähndrich ab dem Zeitpunkt ihrer schweren Krankheit keinen Lohn mehr.
Benedict verpasst Anmeldefrist bei der Taggeldversicherung
Nach eineinhalb Jahren, im Sommer 2016, machen Fähndrichs Druck. Peter Fähndrich schickt per Mail noch einmal sämtliche Arztzeugnisse. «Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich sämtliche Dokumente eingereicht hatte.» Und er will wissen, wie’s um das Krankentaggeld steht. «Ich wusste, irgendwann läuft die Anmeldefrist für die Versicherung ab.»
Nun fordert Benedict die Familie dazu auf, mit dem Treuhandbüro der Schule Kontakt aufzunehmen. Ein paar Monate später kriegen Fähndrichs Post von der Taggeldversicherung: Die Anmeldefrist sei abgelaufen. Fähndrichs sind fassungslos. Seither sind sie im Streit mit der Schule.
Schule schiebt Schuld der kranken Kursleiterin zu
Nach dem Debakel versucht Benedict Nisha Fähndrich mit 10'000 Franken Schadenersatz abzuspeisen. Doch die junge Frau gibt sich damit nicht zufrieden. Etwa doppelt so viel Lohn steht ihr zu. Nisha Fähndrich wendet sich an den «Kassensturz». Die Schule zeigt sich vorerst unnachgiebig und schiebt die Schuld auf die kranke Angestellte.
Es macht mich traurig, dass ich mich ständig rechtfertigen und um mein Recht kämpfen muss.
Gegenüber «Kassensturz» schreibt Benedict: «Da wir über den Gesundheitszustand von Frau Fähndrich und ihre Abwesenheitsdauer nicht informiert wurden und auch keine ärztlichen Atteste beigebracht wurden (…), fehlte uns die Grundlage für eine Anmeldung bei der Krankentaggeldversicherung und eine entsprechende Lohnfortzahlung.»
Benedict-Schule hat Fürsorgepflicht verletzt
Dem widerspricht «Kassensturz-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner: «Ein Arztzeugnis ist ein Beweismittel aber keine Voraussetzung für den Bezug von Krankentaggeldern. Wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der Erkrankung hat, muss er das der Versicherung melden.»
Zum konkreten Fall von Nisha Fähndrich sagt sie: «Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Angestellten. Benedict hätte Herrn Fähndrich schreiben müssen, es stünden Zeugnisse aus, man sehe, dass er überfordert sei und werde die Zeugnisse selber oder via Versicherer einfordern.»
Nach langem hin und her bezahlt Benedict
Nach wochenlangem hin und her kommt es zu einer Einigung: Die Benedict Schule entschuldigt sich bei Nisha Fähndrich und bezahlt ihr 7000 Franken. Für Nisha Fähndrich zu wenig. Schliesslich bezahlt ihr Benedict zusätzliche 6500 Franken. Damit will es die junge Frau nun bewenden lassen. Doch die Enttäuschung über ihren Arbeitgeber ist gross: «Wenn man so schwer krank ist und sich ständig rechtfertigen und um sein Recht kämpfen muss, macht mich das einfach nur traurig.»
Nisha Fähndrich hat sich bis heute von ihrer Krankheit nicht erholt: Noch immer ist sie 100 Prozent krankgeschrieben und ist mittlerweile bei der IV angemeldet. Bei Benedict hat sie dieser Tage auf eigenen Wunsch gekündigt.