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Arbeit Mieser Arbeitgeber: Toys“R“us presst Angestellte aus

Miese Löhne, Arbeit auf Abruf, Teilzeitzwang: In den Schweizer Filialen von Toys“R“us leiden die Angestellten unter schlechten Arbeitsbedingungen. Gewerkschaften und Arbeitsrechtler erheben im «Kassensturz» schwere Vorwürfe gegen den amerikanischen Spielzeugriesen.

Arbeiten für einen Hungerlohn. Das beklagen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Toys"R"us Schweiz. «Wir verdienen in der Stunde brutto 17 Franken», erzählt eine Toys"R"us-Mitarbeiterin gegenüber «Kassensturz». Aus Angst, ihren Job zu verlieren will sie anonym bleiben. Eine andere Mitarbeiterin ergänzt: «Ich finde es unfassbar, dass ein Weltunternehmen wie Toys"R"us, das Milliarden verdient, einen solch mickrigen Lohn auszahlt.» Der amerikanische Spielzeugriese hat zehn Filialen in der Schweiz.

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3000 Franken für gelernte Verkäuferin

«Kassensturz» liegen Arbeitsverträge von Toys"R"us-Mitarbeiterinnen vor. Sie belegen: Fast alle sind im Stundenlohn angestellt. Der Grundlohn ohne Ferien- und Feiertagsentschädigung beträgt pro Stunde 17 Franken. «Das ist eine Frechheit, wenn man Frauen – zum Teil gelernte Verkäuferinnen – zu so einem tiefen Lohn arbeiten lässt», sagt Thomas Wepf, Regionenleiter Unia Ostschweiz-Graubünden. Bei einem vollen Arbeitspensum würden die Frauen ungefähr 3000 Franken im Monat verdienen, rechnet Thomas Wepf vor. «Mit diesem Lohn kann man heutzutage in der Schweiz nicht leben!» Grosse Detailhändler zahlen in der Schweiz einen Minimallohn von etwa 22 Franken, sogar bei Aldi und Lidl liegt der tiefste Monatslohn über 4000 Franken.

Teilzeit, aber 100 Prozent verfügbar

Die Gewerkschaft kennt Toys"R"us-Mitarbeiterinnen aus mehreren Filialen in der Ostschweiz, die sich über miesen Lohn und schlechte Arbeitsbedingungen beklagen. Ein weiterer Vorwurf: Toys"R"us verlange von den Mitarbeiterinnen, fast immer verfügbar zu sein, obwohl die Mehrheit nur Teilzeit arbeite. Fast alle Frauen hätten nur ein 50-Prozent-Pensum. «Sie müssen aber zu 100 Prozent dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen», sagt Unia- Gewerkschafter Thomas Wepf.

Besonders stossend ist, dass Toys"R"us die Frauen offensichtlich sehr kurzfristig einplant. Das bestätigen Toys"R"us-Mitarbeiterinnen gegenüber «Kassensturz». Sie würden regelmässig erst zwei, drei Tage zuvor erfahren, wann sie nächste Woche arbeiten müssen.

Kurzfristige Einsatzpläne sind illegal

Diese Praxis verstosse gegen das Arbeitsgesetz, sagt Rechtsanwalt Roger Rudolph. «Das Arbeitsgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, ihre Mitarbeitenden mindestens 14 Tage im Voraus über ihre Arbeitseinsätze zu informieren», sagt der Arbeitsrechtler. Dies sei insbesondere bei Leuten wichtig, die Teilzeit arbeiten, weil diese häufig noch Familienpflichten oder eine zweite Stelle hätten.

Toys"R"us bestreitet den Vorwurf der kurzfristigen Einsatzpläne und schreibt «Kassensturz»: «Unsere Filialleiter geben die Einsatzpläne in der Regel für zwei Wochen im Voraus bekannt. (…) In Einzelfällen, bei unerwarteten Ausfällen aufgrund von Krankheit oder Ähnlichem, muss die Filialleitung Änderungen vornehmen.» Diese Anpassungen würden aber in Absprache und Zustimmung der Mitarbeiter erfolgen.

Arbeit auf Abruf

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Die Recherchen von «Kassensturz» zeigen das Bild einer Firma, die die Anstellungsbedingungen ausreizt – auf Kosten der Angestellten. Toys"R"us-Mitarbeiterinnen beklagen gegenüber «Kassensturz» beispielsweise, sie würden von ihrem Arbeitgeber bewusst in Teilzeit gehalten. Zudem seien die Anzahl Arbeitsstunden von Woche zu Woche verschieden. Toys"R"us halte dies im Arbeitsvertrag explizit fest. Darin stehe beispielsweise, dass die wöchentliche Arbeitszeit grundsätzlich 21 Stunden betrage. Je nach Arbeitsanfall könne diese entweder auf 25 erhöht oder aber auf 17 Stunden reduziert werden. «Eine unübliche Regelung, allerdings rechtlich zulässig», sagt Rechtsanwalt Roger Rudolph. Die Absicht dahinter ist klar: «Der Arbeitgeber lagert so das wirtschaftliche Risiko auf die Mitarbeiter aus». Für die Mitarbeiterinnen zusätzlich unbefriedigend, weil sie nie wissen, ob sie das versprochene Grundpensum erhalten.

Fast nur Teilzeitangestellte

Der amerikanische Spielzeugkonzern verharmlost das Problem. Man suche je nach Anforderungs- und Bedarfsprofil seine Mitarbeiter: «Um die notwendige Flexibilität im Dienste des Kunden zu erreichen, suchen wir auch gezielt Mitarbeiter in Teilzeitbeschäftigung. Diese Anforderung wird von uns sowohl im Suchprozess, wie auch bei den Einstellungsgesprächen sehr transparent dargestellt.» schreibt Toys"R"us an «Kassensturz».

Der Spielwarenverkäufer bestätigt jedoch die hohe Zahl an Teilzeitmitarbeiterinnen. Von derzeit 193 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in zehn Filialen seien nur 40 in Vollzeit angestellt. Das heisst, dass nur 20 Prozent der Angestellten Vollzeit arbeiten – ein extrem niedriger Anteil.

Toys"R"us will Löhne anpassen

Auf Grund der «Kassensturz»-Recherchen habe Toys"R"us alle Verträge in der Schweiz überprüfen lassen. Dabei habe sich herausgestellt, dass es einige wenige Verträge mit einem Stundenlohn von 17 Franken gäbe, schreibt Toys"R"us. Und weiter: «Wir werden uns dieser Thematik annehmen und durch Anpassungen der unteren Spitzen eine Nivellierung herbeiführen».

Zur hohen Zahl von Teilzeitveträgen im Unternehmen und den «flexiblen» Stundenpensen schreibt Toys"R"us: «Die in den Arbeitsverträgen bestehende Spannweite dient dazu, um kurzfristige positive oder negative Geschäftsentwicklungen ohne personelle Einschnitte abzufedern.» Und werde nur im Bedarfsfall genutzt. Ausserdem lege man Wert auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter und die Führungskräfte würden versuchen, den Mitarbeitern «sobald sich die Möglichkeit ergibt, auch eine höhere Wochenstundenzahl zu gewähren.»

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