Der über 200-jährige Landgasthof Adler ist das älteste Restaurant in Kaiseraugst. Während vielen Jahren war er immer unter derselben Telefonnummer erreichbar: 061 811 11 11. Bei vielen Gästen ist diese Nummer immer noch fest im Kopf verankert. Auch wenn das Haus nach einem Konkurs etwa ein halbes Jahr geschlossen blieb.
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Mittlerweile hat Irina Michelli als neue Pächterin das Zepter übernommen. Sie nahm an, dass sie die bewährte Telefonnummer weiter nutzen kann. Doch weit gefehlt. Die Swisscom vertrat den Standpunkt, dass es sich hier um eine sogenannte Top-Nummer handle. Das Telecom-Unternehmen verlangte deshalb für die Wiederaufschaltung 10‘000 Franken.
Angebot und Nachfrage
«Kassensturz» fragt nach und Swisscom-Sprecherin Annina Merk erklärt: «Top-Nummern sind Spezialnummern, die selten sind, weil sie zum Beispiel mit 111 enden und man sie sich deshalb gut merken kann.» Die Preise würden sich nach Angebot und Nachfrage richten. So sind die 10‘000 Franken, die Irina Michelli bezahlen sollte, nicht einmal das Maximum: Swisscom verkauft attraktivere Zahlenkombinationen zu einem Preis von 30‘000 Franken! Im Gegensatz dazu verlangen ihre Mitbewerber gar nichts oder maximal mehrere tausend Franken.
Übersicht: Angebot und Kosten für spezielle Nummern
Doch dürfen Anbieter für Top-Nummern Geld verlangen? Und zu welchen Preisen? Ist ein Käufer nachher Besitzer der Nummer? Das Bundesamt für Kommunikation Bakom stellt klar: Die Nummern bleiben im Besitz der Eidgenossenschaft, sie werden den Telecom-Anbietern nur zur Verfügung gestellt. Die Kunden haben keinen Anspruch auf die Nummer. Zu den happigen Gebühren schreibt das Bakom: «Das Fernmelderecht äussert sich nicht dazu, unter welchen Bedingungen Fernmeldedienstanbieter Gebühren für Telefonnummern erheben können. Die Anbieter sind in der Preisgestaltung bei der Zurverfügungstellung der Nummern grundsätzlich frei.» Im Klartext: Die Swisscom nützt aus, dass sie als einzige Anbieterin über so viele Nummern verfügt und das Gesetz keine Schranken setzt.
Spezialfall mit Kulanz
Irina Michelli kann sich auf jeden Fall diese hohe Summe nicht leisten. Und doch wäre diese Telefonnummer sehr wichtig für sie: «Viele Gäste rufen immer noch auf die alte Nummer an, weil sie wissen, dass wir wieder geöffnet haben.» Auch der Besitzer des Adlers Roland Kurz erkannte das Problem und wollte der neuen Pächterin helfen. Er schrieb der Swisscom, schaltete einen Anwalt ein und bot sogar an, die Ausstände des Vorgängers zu bezahlen. Alles vergeblich. Die Swisscom beharrte auf ihrer Forderung für die Wiederaufschaltung. In den Vertragsbedingungen hält sie fest, dass die Nummer nicht übertragbar sei.
Swisscom Top Numbers: Eine Übersicht
Roland Kurz kritisiert diese Haltung: «Diese Nummer gehörte während Jahrzehnten zum Adler, deshalb hat sie einen Wert für uns. Wir wären sonst gerne bereit eine neue Nummer zu nehmen, aber die alte ist in vielen Verzeichnissen aufgeführt.»
Immerhin nahm der Fall Adler doch noch eine gute Wendung. Swisscom-Sprecherin Annina Merk räumt gegenüber «Kassensturz» ein, dass hier nicht alles ideal abgelaufen sei: «Top-Nummern sind nicht übertragbar. Aber es gibt Spezialfälle wie eine Firmenübernahme oder einen Pächterwechsel. Das muss man individuell anschauen und über Kulanz regeln.» Adler-Pächterin Irina Michelli erhält nun doch gratis die alte Nummer wieder.