Zufällig hatte Familie Gilomen den Namen ihres Sohnes im Internet gegoogelt. Und tatsächlich ist er aufgetaucht. Als erstes auf der Internetplattform Moneyhouse. Einem Handelsregister- und Wirtschaftsinformationsdienst der NZZ-Gruppe, der teilweise öffentlich zugänglich ist.
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«Ich war wirklich wütend, dass Moneyhouse die Adresse, Angaben zu Eltern und Nachbarn meines 10-jährigen Sohnes veröffentlicht», kritisiert die zweifache Mutter Patricia Gilomen in der Sendung «Espresso».
Auch Klassenkameraden des Sohnes entdeckte Patricia Gilomen auf der Plattform. «Was mich massiv stört: Die Kinder werden mit Angaben der Eltern angegeben und so unter Umständen unverschuldet gebrandmarkt.» Es können Bonitätsauskünfte über die Seite eingeholt werden.
«Auch Lehrmeister googeln künftige Mitarbeiter. Man stelle sich nun vor, da wird ein Jugendlicher mit einer Liquidation eines Geschäfts der Eltern in Zusammenhang gebracht. Dann ist er weg.»
Kinder können nichts Teures kaufen
Auch Paul Dul und Jan Mühlemann, zwei Väter, deren Kinder auf Moneyhouse registriert waren, ärgern sich über die Datenveröffentlichung. «Das Internet ist auch ein Becken, in dem sich negative Kräfte sammeln», meint Mühlemann.
«Hier macht die Firma Moneyhouse unnötig Tür und Tor auf, wenn sie Adressen und Wohnsituation der Kinder einfach so preisgibt.» «Eine minderjährige Person kann kaum etwas auf eigene Rechnung kaufen. Deshalb hat sie auch nichts in einer Datenbank für Bonitätsangaben zu suchen», ergänzt Paul Dul.
Veröffentlichung in Unkenntnis
Der Datenumschlagplatz Moneyhouse kommt auf ganz unterschiedliche Arten zu seinen Daten. Öffentliche Register, Telefonbücher oder Marketingfirmen. Und hierbei kann Michael Schuler, Geschäftsführer von Moneyhouse, nicht ausschliessen, dass auch Daten aus Kinderwettbewerben auf seiner Internetplattform gelandet sind.
Dies räumt er gegenüber «Espresso», dem Konsumentenmagazin von Radio SRF 1, ein. Künftig wolle man aber auf Daten aus Wettbewerben verzichten.
«Uns ist zudem wichtig zu sagen, dass wir kein Interesse daran haben, Daten von Kindern zu veröffentlichen», betont Schuler. «Dort wo das geschieht, wissen wir gar nicht, dass es Kinder sind.» Viele Daten würden ohne Jahrgang erfasst und veröffentlicht.
Warum Moneyhouse diese wichtige Angaben nicht einholt und nur Volljährige veröffentlicht, begründet der Geschäftsführer mit wirtschaftlichen Gründen: «Da es eine grosse Anzahl Personen ist, die ohne Jahrgang erfasst ist, wäre das nicht möglich», meint Michael Schuler. «Dann müssten wir unser Angebot in dieser Art einstellen.»
Datenschützer: «Kein Grund, Kinder zu registrieren»
Das Ergänzen des Jahrgangs und das allfällige Löschen der Daten fordert aber der Präsident der Vereinigung der Schweizer Datenschutzbeauftragten, Bruno Baeriswil. «Ich sehe keinen Grund, weshalb ein Kind auf einer Plattform registriert ist, auf der es um Wirtschafts- und Bonitätsfragen geht».
Wenn ein Unternehmen feststelle, dass es sich um ein Kind handelt, schliesse dieses mit dem Minderjährigen sowieso kein Geschäft ab. Bei Kindern eine Bonitätsprüfung zu machen, sei deshalb überflüssig. «Es stellt sich die Frage, weshalb Daten ohne Jahrgang einen Wert haben sollen und wo die rechtliche Grundlage für deren Registrierung liegt.»
Datenschutz und Moneyhouse
Im Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 fordert Bruno Baeriswil Moneyhouse auf, ihre Daten vollständig und korrekt zu führen. «Moneyhouse muss von sich aus die Jahrgänge kontrollieren und die Daten von Kindern löschen.»
Der Plattform dies vorzuschreiben, ist aus rechtlichen Gründen jedoch zur Zeit nicht möglich. In einer Gesetzesrevision zum Datenschutz will Bruno Baeriswil aber, zusammen mit anderen Experten, den Datenschutz für Kinder verschärfen.
Wie Sie vorgehen müssen und Musterbriefe finden Sie hier
Private Daten offen im Internet: Moneyhouse verrät alles
Wohnadressen, Telefonnummern und sogar Angaben zur Lebenssituation: Die Internetdatenbank Moneyhouse veröffentlicht Privates – auch von Personen, die ihre Daten gesperrt haben. Datenschützer fordern ein schärferes Gesetz. «Kassensturz» zeigt, wie das Geschäft mit privaten Daten funktioniert.
* Name der Kinder geändert