In der Schweiz fällt jedes Jahr rund 20'000 Tonnen Abfall von Getränkekartons an. Das sagt der Verein «Getränkekarton-Recycling Schweiz», der von den Verpackungsproduzenten getragen wird. Lange war es nicht möglich und zu aufwendig, die aus Papierfasern, Kunststoff und Aluminium gepressten Hüllen aufzutrennen und das Material wiederzuverwerten.
Eine neue Anlage der Model AG in Weinfelden macht dies nun möglich. Mit einem patentierten und geheimen Vakuum-System kann die Papierfabrik die Hülle der Getränkekartons auftrennen und die wertvollen langen Papierfasern zur Produktion von Wellkarton wiederverwenden. Die Anlage mit dem Namen «Fibre Evolution» hat eine Kapazität von 75'000 Tonnen pro Jahr. Mehr als genug, um sämtliche Getränkekartons der Schweiz zu rezyklieren.
Nicht nur für Getränkekartons
Die Anlage soll denn auch nicht nur Papierfasern aus Getränkekartons gewinnen können, sondern auch aus anderen Verbundmaterialien mit Papier und Karton. Im Moment läuft die Anlage noch nicht auf Volllast. Seitdem sie am 3. April 2017 in Betrieb genommen wurde, werden Tests mit verschiedenen Materialien durchgeführt. Das Ziel ist es, bei jedem Material möglichst ohne Verlust sehr reine Papierfasern zurückzugewinnen. Der Plastik und das Alu aus den Verpackungen landen vorerst aber weiterhin in der Kehrichtverbrennung. Die Model AG investierte bisher rund 38 Millionen Franken in die Anlage. Sie wurde in die bisherige Papierfabrik Weinfelden integriert.
Noch kein einheitliches Sammelsystem
Das Getränkekarton-Recycling steckt in der Schweiz noch in den Kinderschuhen. Sammlungen gibt es in diversen Gemeinden, beispielsweise mit speziellen Gemischt-Sammelsäcken wie dem «Recycling-Sack» und dem «KUH-Bag». Der Discounter Aldi Schweiz hat seit Sommer 2016 schrittweise eine Sammlung für Getränkekartons eingeführt. Inzwischen gibt es in allen Filialen Gemischtsammlungen für Getränkekartons und Plastikflaschen. Laut Aldi bringe die Kundschaft bereits rund 60 Prozent davon zurück.
Bund begrüsst Bemühungen
Der Verein «Getränkekarton-Recycling Schweiz» möchte, dass in der Schweiz wie beim PET eine vorgezogene Recyclinggebühr eingeführt wird. «Beim PET beträgt diese ein bis zwei Rappen pro Flasche. Damit wäre ein schweizweites Sammelsystem finanziert», sagt die Geschäftsführerin des Vereins, Simone Alabor. «Getränkekarton-Recycling Schweiz» sei daran, alle Protagonisten der Branche an einen Tisch zu bringen, um ein einheitliches Sammel- und Finanzierungssystem zu vereinbaren.
Dies ist auch die Voraussetzung dafür, dass der Bund das System mit einer Verordnung unterstützt. Auch beim PET-Recycling hätte zuerst die Branche ein freiwilliges Finanzierungsmodell ausgearbeitet, sagte Michel Monteil, Chef der Abteilung Abfall und Rohstoffe des Bundesamts für Umwelt auf Anfrage. Erst danach habe der Bund dieses in einer Verordnung abgestützt. Der Bund begrüsse das Getränkekarton-Recycling. Studien hätten gezeigt, dass es ökologisch sinnvoll sei. Zudem seien die gewonnenen Fasern qualitativ hochwertig.