Laut Obligationenrecht können Angestellte jederzeit ein Arbeitszeugnis verlangen. Während dem Arbeitsverhältnis ein Zwischenzeugnis, am Ende des Arbeitsverhältnisses ein Schlusszeugnis.
Ein Arbeitszeugnis beinhaltet, welche Aufgaben eine Angestellte erledigt hat sowie eine Beurteilung ihrer Leistungen und ihres Verhaltens.
Angestellte können statt einem Arbeitszeugnis auch eine Arbeitsbestätigung ohne Beurteilungen verlangen.
Ein Schlusszeugnis ist – wie der letzte Lohn – grundsätzlich am Austrittstag fällig. In der Praxis werden Angestellte häufig vertröstet.
Wie lange nun Angestellte auf ihr Zeugnis warten müssen, ist gesetzlich nicht geregelt. Unter Juristinnen gibt es verschiedene Meinungen.
Für die einen ist der Begriff «jederzeit» nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu interpretieren. Das heisst: Dem Arbeitgeber sollte gemessen an den jeweiligen Umständen genügend Zeit für diese Aufgabe eingeräumt werden, maximal zwei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
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Andere Expertinnen empfinden zwei Monate als zu lange. Denn: Ohne aktuelle und vollständige Zeugnisse sind Arbeitnehmende auf der Stellensuche im Nachteil. Für diese Expertinnen ist eine Frist von maximal zwei Wochen angemessen.
Entscheidend sind die konkreten Umstände: Hat die Angestellte selbst gekündigt und bereits einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben, ist ihr eine Wartezeit von mehreren Wochen eher zuzumuten. Hat dagegen der Arbeitgeber gekündigt, so muss er das Arbeitszeugnis so rasch als möglich ausstellen, andernfalls behindert er die Angestellte bei der Stellensuche und kann dafür haftbar gemacht werden.
Im Beispiel einer Espresso-Hörerin ist der Arbeitgeber verpflichtet, der ehemaligen Angestellten – die selbst gekündigt hat – spätestens zwei Monate nach ihrem Austritt ein Arbeitszeugnis auszustellen. Es ist nicht zulässig, die Frau zu verströsten, bis ihre ehemalige Chefin aus dem Mutterschaftsurlaub zurück ist.
Trödelt ein Arbeitgeber, so verletzt er seine gesetzlichen Fürsorgepflichten und kann dafür haftbar gemacht werden. Betroffene Angestellte sollten deshalb einen säumigen Arbeitgeber schriftlich mahnen und dann ihren Anspruch auf ein Zeugnis beim Arbeitsgericht einklagen. Das Verfahren ist unkompliziert und vor allem kostenlos. Rechtliche Unterstützung bieten Gewerkschaften und die unentgeltlichen Rechtsberatungen der Gerichte.
Espresso, 24.03.22, 08:13 Uhr
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