Ein Migräne-Anfall fühlt sich für manche Betroffene an, wie ein Gewitter im Kopf. Migränikerinnen und Migräniker leiden aber nicht nur an starken Schmerzen, sondern häufig auch an Seh- und Wahrnehmungsstörungen.
So auch eine «Espresso»-Hörerin. Sie leidet seit vielen Jahren an immer wiederkehrenden Migräne-Anfällen, die meist nach ein oder zwei Tagen wieder verschwinden. Während eines Anfalls ist an Arbeiten nicht zu denken. Weil auch Medikamente kaum Linderung bringen, bleibt der Patientin nichts anderes übrig, als in einem dunklen Raum das Abklingen der Symptome abzuwarten.
Bei Migräne jedes Mal zum Arzt?
Neben den Anfällen macht ihr in jüngster Zeit auch ihr Vorgesetzter zu schaffen. Der verlange bei jedem Anfall ab dem ersten Tag ein ärztliches Zeugnis. Dies, obwohl die Frau bei ihren Anfällen keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müsste und eine Konsultation auch nicht zur Linderung beitragen würde. «Muss ich wirklich jedes Mal zum Arzt, nur um mir ein Zeugnis ausstellen lassen?», möchte sie wissen.
Das Gesetz verlangt kein Arztzeugnis
Das Obligationenrecht regelt nicht, ab welchem Tag Angestellte ein ärztliches Zeugnis einreichen müssen. Das Gesetz schreibt nicht einmal vor, dass Angestellte ihre Arbeitsunfähigkeit überhaupt mit einem Arztzeugnis belegen müssen. Vor Gericht würden auch andere Beweise gelten.
In der Praxis kommen die Regeln in Verträgen und Gesamtarbeitsverträgen zur Anwendung. Viele Betriebe verlangen ab dem 3. oder 5. Tag der Arbeitsunfähigkeit ein ärztliches Zeugnis, manche noch später. Es gibt aber Betriebe und Branchen, in denen Angestellte bereits ab dem ersten Tag ein Zeugnis einreichen müssen.
Arbeitgeber verhält sich rechtsmissbräuchlich
Die Einhaltung dieser Vorschriften von chronisch kranken Angestellten zu verlangen, erscheint jedoch in manchen Fällen zweifelhaft. Verlangt etwa der Vorgesetzte der betroffenen «Espresso»-Hörerin, dass sie bei jeder Migräne den Arzt konsultiert und ein Zeugnis einreicht, überschreitet er sein Weisungsrecht und verletzt damit seine Fürsorgepflicht.
Um die Situation nicht eskalieren zu lassen, könnte die Angestellte von ihrem Arzt ein Zeugnis verlangen, welches bestätigt, dass sie seit Jahren an einer chronischen Krankheit leidet und damit gelegentliche kurze Ausfälle am Arbeitsplatz verbunden sind. Gestützt darauf verzichtet der Arbeitgeber möglicherweise auf seine Forderung. Verständnis schaffen könnte ein gemeinsames Gespräch zwischen Arzt, Patientin und Arbeitgeber.