Nach 17 Jahren im gleichen Betrieb musste die Ehefrau eines «Espresso»-Hörers ihre Stelle aufgeben. Schweren Herzens, aus gesundheitlichen Gründen. Das Arbeitsverhältnis wird einvernehmlich aufgelöst, der Arbeitgeber bedauert das Ausscheiden der Frau. Unklarheit besteht einzig bei der Frage, ob im Arbeitszeugnis die Krankheit als Grund für die Auflösung erwähnt werden soll.
Rechtlich gesehen gilt: Ein Arbeitszeugnis ist ein Leistungsnachweis. Es soll die Leistungen und das Verhalten eines Angestellten während der Anstellung abbilden. Persönliches oder Privates gehören nicht in ein Arbeitszeugnis.
Angaben zur Gesundheit nur in Ausnahmefällen
Die Gesundheit eines Angestellten ist etwas Persönliches. Angaben zur Gesundheit einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes nur in wenigen Ausnahmefällen in einem Zeugnis erwähnt werden:
- Wenn die betreffende Person wegen ihrer gesundheitlichen Probleme oft ausgefallen ist, und die Absenzen einen wesentlichen Teil des Arbeitsverhältnisses überschattet haben.
- Wenn die Leistung der betreffenden Person stark unter der Krankheit gelitten hat.
- Wenn die gesundheitlichen Probleme zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses geführt haben.
Trifft einer dieser Voraussetzungen zu, darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine Krankheit oder die daraus resultierenden Absenzen im Arbeitszeugnis erwähnt werden.
Klarheit kann bei der Neuorientierung helfen
In der Praxis kann die strikte Anwendung dieser Regel aber dazu führen, dass Angestellte mit gesundheitlichen Problemen kaum mehr eine realistische Chance auf der Stellensuche haben. Das darf nicht sein.
Ob eine Krankheit oder krankheitsbedingte Absenzen wirklich im Arbeitszeugnis erwähnt werden sollen, sollte deshalb immer an den Umständen des konkreten Einzelfalls geprüft werden.
Zulässig und vor allem fair ist eine Erwähnung in folgenden Fällen:
- Wenn der Angestellte den Hinweis wünscht, weil er so zum Beispiel eine Neuorientierung begründen kann. Beispiel: Ein Lastwagenchauffeur muss sich neu orientieren, weil er Probleme mit den Augen hat.
- Oder wenn die gesundheitlichen Probleme dermassen gravierend sind, dass der Arbeitnehmer gewisse Tätigkeiten gar nicht mehr ausführen kann und sich deshalb neu ausrichten muss. Beispiel: Ein Lagerist darf wegen Rückenproblemen nur noch maximal zehn Kilogramm heben.
In diesen Fällen schafft die Erwähnung der gesundheitlichen Probleme Klarheit und verbaut der betroffenen Person nicht die berufliche Neuorientierung. In allen anderen Fällen genügt ein Hinweis, per wann das Arbeitsverhältnis beendet wurde.