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Fahrtauglichkeit «Darf ich meinen Nachbarn beim Strassenverkehrsamt anzeigen?»

In der Serie «Darf man das?» beantwortet «Kassensturz» Fragen aus dem Alltag. Darf man einen Nachbarn dem Strassenverkehrsamt anzeigen? Darf man das?

In der Wohnung neben Karla und Karl wohnt ein älterer Herr. Er hört sehr schlecht und ist unsicher auf den Beinen. Hin und wieder fährt er mit seinem Auto zum Einkaufen – nicht immer ganz regelkonform und bisweilen gibts auch Blechschaden. Das könne jedem passieren, findet der Nachbar.

Er könne noch gut Auto fahren. Doch Karla und Karl finden das gefährlich und fragen sich, ob sie dem Strassenverkehrsamt eine Meldung machen sollen. Darf man einen Nachbarn dem Strassenverkehrsamt anzeigen? Darf man das? 

Was denken Sie?

Die Antwort

Ja. Wer Zweifel an der Fahrtauglichkeit einer Person hat, kann dies dem kantonalen Strassenverkehrsamt melden. Die Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (ZVZ) sieht ein solches Melderecht explizit vor. Es dient der Sicherheit im Strassenverkehr.

Meldungen lösen Abklärungen aus

Nach einer Meldung nimmt das Strassenverkehrsamt in der Regel Kontakt mit der meldenden Person auf. Diese muss dem Amt genau schildern können, gestützt auf welche konkreten Beobachtungen sie Zweifel an der Fahrtauglichkeit hat. Lösen die Schilderungen beim Strassenverkehrsamt Zweifel aus, kann es in einem ersten Schritt bei der gemeldeten Person ein Attest ihres Hausarztes verlangen oder sie direkt zu einer ärztlichen Kontrolluntersuchung aufbieten. In jedem Fall hat die gemeldete Person die Gelegenheit, Stellung zur eingegangenen Meldung zu nehmen.

In Zweifelsfällen müssen sich Lenkerinnen und Lenker häufiger untersuchen lassen

Zeigt eine ärztliche Untersuchung, dass die betreffende Person nicht mehr fahrtauglich ist, leitet das Strassenverkehrsamt ein sogenanntes Administrativverfahren ein. Im Rahmen eines solchen Verfahrens kann einer Person auferlegt werden, eine Weiterbildung oder eine Nachschulung zu absolvieren oder es kann der Entzug des Fahrausweises verfügt werden. In Zweifelsfällen und bei Personen über 75 Jahren kann das Amt verfügen, dass die vorgeschriebenen medizinischen Untersuchungen in kürzeren Intervallen absolviert werden müssen.

Vertraulichkeit nur im Ausnahmefall

Eine Meldung beim Strassenverkehrsamt löst einen Prozess aus, an dessen Ende für die gemeldete Person unter Umständen Kosten für die Untersuchungen entstehen. Um Missbräuchen und Falschanzeigen vorzubeugen, sieht die Verordnung vor, dass das Strassenverkehrsamt der betroffenen Person mitteilen darf, wer Meldung gemacht hat. Anonyme Meldungen werden nicht verfolgt.

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Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner beantwortet Fragen aus dem Alltag. Hier geht's zu den gesammelten Werken.

Nur in besonderen Ausnahmefällen kann die meldende Person verlangen, dass ihre Identität nicht preisgegeben wird. Dazu muss sie ein so genannt schützenswertes Interesse geltend machen: Zum Beispiel, wenn die Meldung von einem Familienmitglied oder einer Pflegeperson kommt und durch die Bekanntgabe ihres Namens schwere Konflikte drohen. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, mit einer betroffenen Person oder ihren Angehörigen zunächst das Gespräch zu führen, bevor eine Meldung gemacht wird.

Ärztinnen und Ärzte haben Melderecht, aber keine Pflicht

Bei Ärztinnen und Ärzten gilt: Haben sie bei einer Patientin, bei einem Patienten Zweifel an der Fahrtauglichkeit, dürfen sie dem Strassenverkehrsamt Meldung machen. Eine Pflicht zu einer Meldung gibt es nicht. Jedoch sind Ärztinnen und Ärzte in diesem Bereich von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden.  

Kassensturz, 15.4.25, 8:10 Uhr

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