Sie können einem gehörig auf den Senkel gehen: Nachbarn, die einem beim Grillieren oder Rauchen zunebeln, laut Musik hören, Türen zuknallen, die Waschküche belegen, laut streiten, sich laut versöhnen, Klangspiele auf dem Balkon installieren oder deren Katzen einem ständig den Garten umgraben.
Auch der Nachbar des Sohnes einer «Espresso»-Hörerin stört: «Er geht immer mal wieder nackt in seinem Garten umher», schreibt die Frau. Dieser Anblick sei für die Familie irritierend. Die Frau möchte deshalb vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 wissen, was die betroffene Familie tun könne.
Wer sich von einem Nachbarn gestört fühlt, kann rechtlich gegen den Störenfried vorgehen. Belästigungen wie Rauch, Staub, Laub oder Verunreinigungen durch Tiere gehören zu den so genannt materiellen Immissionen. Das Gesetz kennt aber auch den Begriff der immateriellen Immissionen. Dazu gehören neben dem Entzug von Licht oder der Beeinträchtigung der Aussicht zum Beispiel durch hohe Bäume oder Bauten auch sogenannt ideelle Belästigungen. Das sind Belästigungen, die das Empfinden anderer stören oder verletzen.
Gegen übermässige Belästigungen kann man sich wehren
Das Vorhandensein einer Belästigung genügt allerdings noch nicht, damit eine Klage vor Gericht Erfolg hat. Die Belästigung muss übermässig sein. Bei dieser Beurteilung sind die konkreten Umstände massgebend, etwa die Lage einer Liegenschaft, der Ortsgebrauch und die persönlichen Umstände.
Wenn sich der Nachbar nur im Haus oder in einem von aussen schlecht einsehbaren Bereich nackt aufhält, dürfte dies kaum als übermässige Immission gelten.
Anders ist es, wenn er sich an einem gut sichtbaren Ort zeigt. Gegen diese Form der Immission können sich Nachbarn wehren.
Das Zivilgesetzbuch enthält bei Immissionen verschiedene Klagemöglichkeiten. Allerdings stehen diese immer nur den Grundeigentümern zu, nicht aber Mieterinnen und Mietern. Wollen sich diese gegen einen Störenfried wehren, müssen sie sich an ihre Verwaltung oder ihren Hausbesitzer wenden.
Ein Sieg vor Gericht ist nicht immer ein Gewinn
Nachbarschaftsklagen vor Gericht sind nervenaufreibend, zeitintensiv und deshalb teuer. Häufig führen sie zudem nicht zu einem befriedigenden Resultat. Im Gegenteil: Sie belasten die nachbarschaftlichen Beziehungen noch mehr.
Wenn immer möglich sollten sich Nachbarn bemühen, zusammen eine Lösung zu finden. Nötigenfalls mit Hilfe einer Fachperson, eines Mediators zum Beispiel.
Im Beispiel der «Espresso»-Hörerin aus Biel ist zudem denkbar, dass sich der Nachbar gar nicht recht bewusst ist, dass er andere stört. Sein Verhalten könnte auf eine Erkrankung hinweisen. Deshalb sollte der Sohn der Hörerin das Gespräch mit dem Mann suchen und je nach Ausgang seine Angehörigen kontaktieren.