Der Ärger ist gross: «Espresso»-Hörer Daniel Weber wollte das Hochzeitskleid seiner Frau aus der Reinigung abholen. Doch etwas muss dort gründlich schiefgelaufen sein. Das Kleid ist nun nicht mehr weiss, sondern rosa.
Die Reinigung ist sich keiner Schuld bewusst. Damit will sich Daniel Weber aber nicht abspeisen lassen. Vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 möchte er wissen: «Kann ich von der Reinigung Schadenersatz verlangen?»
Kunden bekommen nur einen Bruchteil ihres Schadens ersetzt
Eine Reinigung haftet, wenn ein Kleidungsstück verfärbt oder beschädigt wird oder nicht mehr auffindbar ist. Allerdings muss das Geschäft dem Kunden nicht den Neuwert des beschädigten Stückes ersetzen, sondern lediglich den Zeitwert. Kleider verlieren rasch an Wert. Meist bekommen Kunden nur noch einen Bruchteil des Kaufpreises zurückerstattet.
Bei Daniel Weber handelt es sich aber nicht um ein x-beliebiges Kleid, sondern um das praktisch neue, erst einmal getragene Hochzeitskleid seiner Frau. In diesem Fall dürfte der Zeitwert weit höher sein. Wie hoch, hängt vom Preis und der Qualität des Kleides ab.
Leider gibt es keine verbindlichen Richtwerte und Formeln, die aussagen, welche Kleidungsstücke nach welcher Zeit noch welchen Wert haben. Haftpflichtversicherungen haben Richtlinien, allerdings nur für den internen Gebrauch. Publiziert sind diese Richtlinien nirgends.
Besuch der Ombudsstelle lohnt sich nur bei teuren Kleidern
Wer den Wert eines Kleidungsstückes schätzen lassen will, kann sich an die «Ombudsstelle Textil» wenden. Diese Stelle bewertet verfärbte oder beschädigte Kleidungsstücke und schätzt ihren Zeitwert. Der Gang zur Ombudsstelle lohnt sich aber nur bei teuren Kleidern. Allein eine Schätzung kostet nämlich schon 100 Franken.
An diese paritätische Ombudsstelle können aber auch Kunden gelangen, die sich in einem Schadenfall mit der Reinigung nicht einigen können. Allerdings wird die Ombudsstelle nur tätig, wenn sich die Parteien zuvor bemüht haben, eine gütliche Einigung zu finden. Bei der Anmeldung müssen Kunden aber nicht nur das beschädigte Kleidungsstück zusammen mit der Kaufquittung einreichen, sondern auch die schriftliche Zustimmung, dass die Reinigung mit der Begutachtung einverstanden ist.
Die Reinigung muss nicht mitmachen
Der Haken an der Sache: Eine Reinigung kann nicht verpflichtet werden, sich einem Verfahren vor der Ombudsstelle zu unterziehen. Schaltet eine Reinigung auf stur, bleibt dem Kunden nur noch die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten. In der Praxis lohnt sich dies aber erst bei grösseren Streitbeträgen.
Wie die Schätzung von Kleidungsstücken, ist auch das Vermittlungsverfahren vor der Ombusstelle nicht gratis. Konsumenten bezahlen 100 Franken für die Begutachtung und den Vermittlungsversuch. Reinigungen, die dem Verband angehören, bezahlen 100 Franken, alle andern 200 Franken.
Zwar bekommen Konsumenten diese Gebühr zurück, wenn die Ombudsstelle zu ihren Gunsten entscheidet. Dennoch sollte sich gut überlegen, wer nach einem Schadenfall die Ombudsstelle einschalten will. Kommt diese zur Einschätzung, dass die Reinigung nichts falsch gemacht hat, bleibt der Kunde auf seinem eigenen Schaden sitzen und hat erst noch Kosten von 100 Franken zu verschmerzen.