Eine Genossenschaft in der Stadt Zürich hat Quoten festgelegt für die Zusammensetzung der Mieterschaft. Sie will einen bestimmten Anteil armer, reicher, junger, alter Mieter – aber auch Alleinerziehende, homosexuelle Paare oder Transmenschen. «Espresso» möchte von Ruedi Spöndlin, Rechtsexperte des Schweizerischen Mieterverbands MV, wissen, ob das zulässig ist.
SRF: Herr, Spöndlin, wie weit darf ein Vermieter bei dieser «positiven Diskriminierung» gehen?
Ruedi Spöndlin: Bei der Mieterauswahl ist vieles möglich, denn es gibt keinen Rechtsanspruch auf eine Wohnung. Selbst wenn die Selektion diskriminiend war («nur Schweizer»), kann der Mietinteressent nichts ausrichten. Allenfalls kann er wegen Verletzung der Antirassismus-Strafnorm klagen – aber die Wohnung erhält er trotzdem nicht.
SRF: Wo liegen die Grenzen der möglichen Kriterien? Kann der Vermieter seine Gesuchssteller nach Lust und Laune nach Nationalität, Gesinnung, Religion, sexueller Ausrichtung sieben?
Ruedi Spöndlin: Es gibt Richtlinien der Eidgenössischen Datenschutzkommission. Fragen nach sexueller Orientierung oder Religion greifen zu weit in die persönliche Freiheit ein, die Frage nach der Nationalität ist jedoch erlaubt. Sie sollte aber kein Kriterium für den Zuschlag sein. Oft werden tatsächlich Fragen gestellt, die viel zu weit gehen. Bei solchen Fragen gibt es ein «Recht auf Notlüge». Wenn das später bekannt wird, ist es kein Kündigungsgrund.
SRF: Was ist mit Mietern, die bereits in einer Wohnung leben und sich nicht wie verlangt verhalten. Wenn etwa ein Mieter in der Nichtraucherwohnung raucht – ein Kündigungsgrund?
Ruedi Spöndlin: Nein, nach heutiger Rechtsauffassung lässt sich das Rauchen in einer Mietwohnung nicht verbieten. Der Mieter muss allerdings für entstandene Schäden aufkommen und die Wohnung zum Beispiel beim Auszug auf seine Kosten neu streichen lassen.