«Darfs noch etwas Süsses sein?» In praktisch jedem Restaurant kommt diese Verführungsfrage früher oder später. Und müsste man ein typisches Dessert unserem südlichen Nachbarn Italien zuschreiben, wäre die Auswahl wohl stark eingeschränkt: Gelato oder – Tiramisu. Das Dessert aus Biskuits, Mascarpone, Ei und Kaffee ist mittlerweile auf der ganzen Welt bekannt.
Die Ursprünge des Tiramisus
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Wer hats erfunden? Für einmal nicht die Schweizer, sondern die Italiener. Doch um den Titel «Geburtsort des Tiramisu» streiten sich gleich zwei norditalienische Städte: Treviso in Venetien und Tolmezzo im Friaul. Beide Städte reklamieren den Titel für sich.
In Treviso ist man überzeugt, dass man die Wiege des Desserts ist. Deswegen hat man eigens eine Akademie des Tiramisu ins Leben gerufen, die sich ganz dem Tiramisu verschrieben hat. Tiziano Taffarello, Präsident Akademie des Tiramisu, bemüht sogar alte Überlieferungen und Vermutungen aus den 1930er Jahren, als Treviso das Sündenbabel in der Nähe von Venedig war und es zahlreiche Bordelle in der Stadt gab. «In diesen Häusern wurde das Dessert damals Kunden angeboten, um sie zu stärken und ihnen Energie zu geben. So dass, wenn sie nach Hause gingen, ihre Frauen nicht vermuten konnten, dass sie diese Art von Lokalen besuchten. In der Überlieferung heisst es, dass eine ‹Madame›, eine Bordellbesitzerin, den Namen erfunden hat. Sie sagte: ‹Kommt her, ich richte euch damit auf...!› Und so kam der Name Tira-mi-su zustande.» Paolo Lai ist da bodenständiger. Der Besitzer der Trattoria «Le Beccherie» führt die Bauern der Umgebung als Ursprung des Desserts an: «Sie haben sich eines Desserts angenommen, das bei den Bauern sehr häufig vorkam. Die Leute nahmen Kaffee, Biskuits und geschlagene Eier. Und zusammen mit Mascarpone haben sie es zu einem Dessert fusioniert, das für die Gastronomie geeignet ist.»
Ganz anders sieht man das in Tolmezzo. Mario Del Fabbro ist überzeugt, dass im Hotel seiner Eltern das Dessert entstanden ist – Anfang der 1950er Jahre, als «Trancia al mascarpone». «1953 bestellte eine Gruppe von Ski-Fahrern eine ‹Tranche mit Mascarpone›. Und nachdem sie diese gegessen hatten, sagten sie zu meinem Vater: ‹Beppino, dieses Dessert hat uns wirklich aufgemuntert, uns neu belebt....!› Und da hat mein Vater am nächsten Tag, oder etwas später, verfügt: ‹Dieses Dessert wird Tiramisu heissen!›.»
Das Italienische Wirtschaftsministerium hat sich 2017 übrigens für Tolmezzo als offiziellen Geburtsort des Tiramisus ausgesprochen. Die vorliegenden Beweise der friaulanischen Stadt seien älter. In Treviso hat man den ministerialen Entscheid zur Kenntnis genommen. Sich darum kümmern mag man nicht: Für die Venetier ist und bleibt ihre Stadt der Ursprung des Tiramisus.
«Kassensturz» wollte darum diesen Sommer wissen: Schlägt die Hitze – indirekt zumindest – auf den Magen? Hat es Keime und Bakterien im Dessert? In 17 Deutschschweizer Städten war die Konsumentensendung unterwegs und kaufte stichprobenartig bei Restaurants, Detailhändlern oder Take-aways Tiramisus ein. Die Verpackung wurde mit einem Siegel zusätzlich verschlossen, das Dessert auf Trockeneis gelagert und noch am selben Tag im Labor abgegeben.
Test auf Keime und Bakterien
Das zertifizierte Labor Simec in Oftringen AG testete auf Escherichia coli, Staphylokokken, Listerien und Salmonellen, und es ermittelte die Gesamtkeimzahl. Mittels Nährlösungen wurden Kulturen angesetzt, die im Brutschrank gelagert und später ausgezählt wurden.
Doch wie kommen Keime überhaupt in ein Tiramisu? Bei diesem Dessert sind es gleich mehrere Faktoren, die einen Keimbefall begünstigen können. «Eier können ein Problem sein, wenn man sie nicht pasteurisiert verarbeitet; oder halt auch Rahm. Ganz wichtig ist, dass man möglichst schnell kühlt und hygienisch arbeitet», sagt Manuel Dill, Leiter Mikrobiologie bei der Simec AG.
Keine Salmonellen und Listerien
Das Gesamtresultat ist erfreulich: Von den 19 getesteten Tiramisu-Proben sind 15 «Einwandfrei». Sie enthalten keine oder nur wenige Keime. Zwei Stichproben sind «Leicht belastet» (Restaurant Latini in Basel; Manor Food in Emmenbrücke). Eine weitere hat etwas mehr Keime, ist aber noch «In der Toleranz» (Restaurant Dieci al lago in Rapperswil).
Testresultate im Überblick
Einzig eine Stichprobe überschreitet den Toleranzwert für die Gesamtkeimzahl, und zwar gleich um das Zehnfache (Restaurant Santa Lucia in Schaffhausen). Der Toleranzwert ist bei 1 Million KBE (keimbildende Einheiten) pro Gramm, gemessen wurden 10 Millionen. Immerhin: «Dieser Wert ist nicht gesundheitsgefährdend», sagt Manuel Dill vom Labor Simec. Als Konsumentin und Konsument schaudert es einem ob solch einer Keimzahl trotzdem etwas.
Das Gastro-Unternehmen Bindella, zu dem die Restaurantkette Santa Lucia gehört, schreibt «Kassensturz», dass es «in den letzten Jahren zu keinerlei Beanstandungen» gekommen sei. Gemäss Stellungnahme hat Bindella aber bereits «umgehend Massnahmen eingeleitet».
Beruhigend: Salmonellen, Listerien, Staphylokokken und Escherichia coli wurde in keiner einzigen der getesteten Stichproben entdeckt.
Stellungnahmen
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Restaurant Santa Lucia, Schaffhausen (zur Bindella-Gruppe gehörend):
«Unser Tiramisu enthält Zucker, pasteurisierte Schweizer Eier, Mascarpone, Vollrahm, Kaffeesirup und Löffelbiskuits. Es wird in grossen Mengen mehrmals wöchentlich hergestellt.
Die Probe, welche Sie vor einem Monat abgeholt und geprüft haben, hatte einen überdurchschnittlichen Wert von aerob mesophilen Keimen. Das kontrollierte Tiramisu befand sich am obersten Limit der Lagerdauer, welche bei uns nur mehrere Tage beträgt. Wir hatten von dieser Produktionscharge wie auch allen weiteren der letzten Jahre keinerlei Beanstandungen und nur positive Rückmeldungen unserer Gäste.
Trotzdem haben wir umgehend folgende Massnahmen eingeleitet:
sofortige Probeziehungen am 18.8.2022 von Tiramisu durch Eurofins -> die Resultate ergaben keinerlei Beanstandungen
weitere ausserordentliche Tiramisu-Probeziehungen durch Eurofins in den kommenden Monaten
Nachprüfung von aktuellen Arbeitsprozessen und sofortige Anpassungen, wo nötig
Kontrolle unserer Kühlkette von der Produktion bis zum Gast.»
Restaurant Dieci al lago, Rapperswil:
«Wir haben unsere Abläufe überprüft und nehmen das Resultat gerne als Anlass für eine erneute Sensibilisierung des Teams.
Im Grundsatz richten wir uns nach den Vorgaben der Lebensmittelverordnung und der von Gastrosuisse kommunizierten Richtwerte. Der Wert von 340'000 KBE könnte tiefer sein, ist jedoch gemäss Einschätzung unserer Fachspezialisten unproblematisch respektive auch nicht sehr aussagekräftig, da die unspezifizierte Keimbelastung für sich noch keine klare Aussage zu einer möglichen Gefährdung zulässt. Aus diesem Grund sind wohl auch die von ihnen aufgeführten Abstufungen nicht sehr gebräuchlich.»
Restaurant Vapiano, Bern:
«Das Resultat ist für uns sehr erfreulich, sollte aber dem gewohnten Vapiano Standard entsprechen. Unser Fokus liegt auf der höchsten Qualität, die wir unseren Gästen bieten möchten und diese versuchen wir tagtäglich durch diverse Massnahmen konstant umzusetzen. (sauberer und hygienischer Arbeitsplatz, geschultes Personal, einwandfreie Arbeitsgeräte, hochwertige Zutaten, strenge Kontrollen, Hygieneaudits durch externes Labor, etc…).»
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