Immer wieder schicken besorgte Hundebesitzer dem «Kassensturz» zerbissene Hundespielzeuge oder Fotos davon. «Kassensturz» wollte wissen, ob von Latexknochen und Wurfglocken für die Haustiere ein Risiko ausgeht und hat Spielzeuge für Hunde in Fachgeschäften und Grossverteilern eingekauft.
Keine Normen für Hundespielzeug
Das Prüfinstitut Tüv Rheinland LGA hat für den «Kassensturz» 12 Spielzeug-Teile untersucht. Grenzwerte für Giftstoffe in Tierspielzeug gibt es zwar nicht. Das Labor hat die Tests deshalb in Anlehnung an europäische Normen für Kinderspielzeug durchgeführt.
Die Hälfte der 12 getesteten Produkte bereiten Hunden und Hundefreunden mit Bestimmtheit keine Freude: Sie enthalten zu viel PAK, grosse Mengen an Phthalaten, oder sie quietschen enorm laut (siehe graue Mehrwert-Box, «Resultate im Detail»).
Krebserregendes PAK in drei Proben
PAK: Das Labor hat bei 3 Spielzeugen hohe Werte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, kurz PAK, gemessen. Obwohl einige Substanzen dieser Stoffgruppe krebserregend sind, gibt es für Kinderspielzeug noch keinen Grenzwert.
Für die Erlangung des bekannten GS-Qualitätssiegels hingegen dürfen Materialien, die in den Mund genommen werden, gar kein PAK enthalten. Das Gleiche gilt generell für Kinderspielzeug.
Einige Hersteller von Hundespielzeugen kümmert diese Ausgangslage offenbar nicht. Sie verschanzen sich hinter dem Gesetz (siehe Stellungnahmen). Die schwarze Wurflocke «King Kong» hat 16 mg/kg PAK, das Sandwich «Rex» 14 und das Huhn Marke «Swiss Pet» 11 mg/kg PAK.
«Bei wiederholtem Kontakt ist zu befürchten, dass es zu einem Tumor im Bereich der Mundhöhle kommt», sagt der Toxikologe, Tierarzt und Universitätsprofessor Hanspeter Nägeli zu den Resultaten.
Igel: Phthalat-Anteil fast ein Drittel
Phthalate: Die zusammengefaltete Zeitung «Trixie Doggy News» und der «Igel Vinyl» bestehen zu rund 21% und 31% aus den Phthalaten DINP und DIDP. Zum Vergleich: Kinderspielzeug und Babyartikel dürfen gemäss EU-Gesetz nur insgesamt 0,1% dieser beiden Phthalate enthalten. Phthalate werden als Weichmacher für Kunststoffe eingesetzt.
Sie haben langfristig negative Folgen auf Tier und Mensch, können Organe schädigen und hormonaktiv wirken – und auch die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.
Schliesslich erfüllen zwei Produkte der Marke Karlie die Norm für Kinderspielzeug nicht, weil sie zu laut sind: Für Kinderspielzeug sind nur 85 Dezibel (dB) erlaubt. Der Frisbee und die Keule erreichen aber eine Lautstärke (d.h. einen Schalldruckpegel) von rund 90 und 93 dB. Aber auch die bereits erwähnten Spielzeuge Igel und Sandwich sind zu laut.
Verschärft wird die Problematik dadurch, dass die Hunde das Gummi-Spielzeug oft über längere Zeit im Maul tragen und so giftige Substanzen über den Speichel aufnehmen. Gemindert wird die Gefahr durch die vergleichsweise kurze Lebensdauer von Hunden: Viele dürften das Lebensende erreicht haben, bevor die Gifte aus dem Spielzeug ihre Wirkung entfalten können. Zur genauen Beurteilung langfristiger Effekte fehlen aber noch die wissenschaftlichen Grundlagen.
Keine Schwermetalle und Azofarbstoffe
Neben PAK und Phthalaten liess «Kassensturz» auch den Gehalt von Schwermetallen wie Cadmium und Blei, von zinnorganischen Verbindungen und Azofarbstoffen messen. Erfreuliches Ergebnis hier: Das Labor konnte keinen dieser gesundheitlich heiklen Stoffe nachweisen.
Stellungnahmen
«Wir nehmen die Kritik ernst und werden die notwendigen Schritte bei unseren Lieferanten einleiten.»
(Importeur Keller für Kong)
«Als Importeur von Tierzubehör sind wir stets bemüht, mögliche Schadstoffe in unseren Produkten zu vermeiden. Wir werden diese Information umgehend an unseren Hersteller mit Nachdruck weiterleiten. Da für diesen Test der Standard von Kinderspielzeug zu Grunde gelegt und unser Produkt auch nicht mit einem GS-Gütezeichen ausgelobt wird, sehen wir hier keinen gesetzlichen Verstoss.»
(Firma Kerbl zu Sandwich Rex)
«Wir weisen darauf hin, dass wir weder heute noch in der Vergangenheit je einen Vorfall mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung eines Hundes, verursacht durch Spielzeug, feststellen konnten. Im Zusammenhang mit dem China/Baby-Spielzeugskandal haben wir im Jahr 2010 unsere Hundespielzeug-Lieferanten überprüft und zusätzliche Kontrollen eingeführt.»
(Importeur Delphin-Amazonia für Huhn mit Tennisball)
«Wir können hier auf die Schnelle natürlich keine chemischen Analysen der aktuellen Lagerware durchführen, gehen aber fest davon aus, dass die Kassensturz-Redaktion ein ordentliches Testverfahren durchgeführt hat. Auch wenn es für Tierspielzeuge nach unserem Kenntnisstand keine diesbezüglichen Richtlinien gibt, finden wir die vorliegenden Resultate sehr bedenklich und bieten dem Endverkäufer Qualipet daher vorsorglich an, diesen Artikel zurückzunehmen.»
(Europa-Importeur Trixie für «Doggy News»)
«Die angesprochenen und analysierten Phthalate und PAK gelten rechtlich gesehen nur für Babyartikel und Kinderspielzeug. Rechtsgrundlage ist die Richtlinie 76/769/EWG. Für Hundespielzeug gibt es keinen rechtlich verbindlichen Grenzwert. Wir möchten darauf hinweisen, dass diese Produkte Tierspielzeuge und als solche gekennzeichnet sind, diese Spielzeuge den deutlichen Hinweis tragen: Kein Kinderspielzeug.»
(Coop für Igel Vinyl)