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Kassensturz-Tests Lawinensuchgeräte: Lebensretter mit Mängeln

Lawinenverschütteten-Suchgeräte (kurz: Lawinensuchgeräte) entscheiden über Leben und Tod. Umso erschreckender ist, dass bekannte Marken bei der Suche von mehreren Verschütteten ihr Versprechen nicht einlösen können.

Geraten Schneesportler in eine Lawine, gilt es für die Kameraden ernst. Sie müssen die Verschütteten möglichst rasch lokalisieren und sie ausgraben.

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Nach 18 Minuten unter dem Schnee nimmt die Überlebenschance von Verschütteten nämlich rapide ab. Lawinensuchgeräte gehören deshalb zwingend zur Ausrüstung aller, die sich abseits der Pisten bewegen.

Wenn das Unglaubliche passiert und Schneesportler in eine Lawine geraten, beginnt der Wettlauf gegen die Zeit. Entscheidend ist dabei ein leistungsfähiges Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS). Mit welchen Geräten finden die Sucher Verschüttete am schnellsten?

«Kassensturz» beantwortet diese Frage. In Zusammenarbeit mit dem WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) hat er mit einem gross angelegten Praxistest untersucht, wie lange es dauert, bis drei Verschüttete gefunden werden.

Jugendliche mussten mit den Geräten nacheinander 3 Verschüttete – im Test waren es vergrabene Sender – finden. Zuvor erhielten sie eine Instruktion, wie mit den verschiedenen Geräten in der Suche vorzugehen ist (Vorgehen und Produkte siehe Kasten unten «So wurde getestet»).

Markierfunktion für mehrere Verschüttete

Zwei LVS konnten ihre Versprechen nicht einhalten: Pieps DSP Tour und Arva Axis. Die Hersteller werben damit, dass mit ihren Geräten mehrere Verschüttete besonders gut gefunden werden. «Gerät mit integrierter Mark-Funktion für einfachste Bedienung bei der Kameradenrettung» – so steht es im Prospekt von Pieps.

Mit der Markierfunktion können bereits gefundene Verschüttete auf dem Gerät ausgeblendet werden. So kann man verhindern, dass das Gerät die Suchenden nicht zum gleichen Punkt zurückführt, wo bereits eine Person gefunden wurde.

Markieren mit Pieps mangelhaft

Bei Pieps hat das in vielen Fällen nicht geklappt. In 23 von 40 Fällen konnten nicht alle drei Verschütteten innerhalb von 12 Minuten gefunden werden. In 5 Fällen fanden die Prüfpersonen selbst den 2. Verschütteten nicht.

Die Markierung im Gerät ist häufig nach dem ersten oder zweiten Fund verlorengegangen. So hat das Gerät bei der Suche immer wieder die bereits gefundenen Verschütteten angezeigt – so ging viel Zeit verloren.

Michael Schober, Geschäftsführer von Pieps, wendet ein, die Reichweite sei im Test nicht ausreichend berücksichtigt worden. Genau das sei aber eine Stärke von Pieps. Ausserdem würde es nicht oft vorkommen, dass gleich 3 Personen in einer Lawine verschüttet würden.

Auch mit Arva Axis hatten die Prüfpersonen Mühe bei der Suche nach den 2. und 3. Verschütteten. Hier gingen ebenfalls immer wieder Markierungen verloren, was sich in den Suchzeiten niederschlägt.

Knöpfe von Arva Axis schlecht angeordnet

Die unpraktische Anordnung der Knöpfe auf dem Gerät hat dazu geführt, dass die Prüfpersonen mit ihren Handschuhen ungewollt einen Schalter verstellten und damit die Markierungen verloren. Folge: Mit Arva Axis wurden in 18 der 40 Durchgänge der 3. Verschüttete nicht gefunden.

Arva-Hersteller Nic-Impex weist darauf hin, dass eine verbesserte Software-Version auf dem Internet zum Download bereitgestanden wäre. «Kassensturz» hat aber die Geräte so getestet, wie er sie eine Woche vor dem Test eingekauft hat.

Das versehentliche Verstellen des Suchen-Knopfs führt Nic-Impex darauf zurück, dass eine 20-minütige Instruktion der Benutzer, wie sie vom Hersteller durchgeführt wurde, nicht ausreiche und eine längere «Angewöhnungszeit» nötig sei.

Ausserdem sinke die Konzentration der Prüfpersonen während eines 6-stündigen Tests, und «Fehlmanipulationen werden unvermeidlich», so Nic-Impex.

Beide Punkte, sowohl die 20-minütige Instruktion wie auch die Tatsache, dass die Suchenden schon bei Beginn der Suche müde sind, dürften absolut realistische Voraussetzungen für eine Lawinensuche sein.

Erster Fund unter einer Minute

Neben den Problemen von Arva und Pieps bei den 2. und 3. Verschütteten sieht die Bilanz aber positiv aus: Die fünf LVS – also auch Pieps und Arva – fanden die ersten Verschütteten mehrheitlich gut und schnell.

Tracker 2 war das einzige Gerät, mit dem ganz vereinzelt schon 1. Verschüttete nicht gefunden werden konnten.

Die durchschnittlichen Zeiten für die 1. Suche bewegen sich zwischen 2:06 Minuten bei Barryvox bis 2:48 Minuten bei Arva Axis. Die besten Zeiten für den ersten Fund liegen sogar unter 1 Minute.

Klarer Testsieger ist Element Barryvox

Bei der Suche nach dem 2. Verschütteten liegen die Zeiten etwas höher: Zwischen 2:11 (Barryvox) und 3:52 Minuten (Pieps). Vor allem trennt sich der Spreu vom Weizen, weil sich die Suchzeiten bei Geräten mit Markierungsschwierigkeiten deutlich verlängern.

Den anderen Geräten im Test klar überlegen ist Mammut Element Barryvox. Nur ein Schüler konnte mit diesem Lawinensuchgerät einen Verschütteten nicht finden. Und auch die Suchzeiten sind kürzer als mit den anderen Geräten.

Ortovox kann beim 2. Verschütteten noch mithalten, doch danach lässt die Sicherheit, weitere Opfer zu finden, deutlich nach: 12-mal konnte der 3. Verschüttete nicht gefunden werden.

Tracker schliesslich ist eine kleine Überraschung. Obwohl das Gerät seit Jahren auf die gleiche Technologie vertraut und keine Markierfunktion hat, hat es bis zur 2. Suche ein gutes Resultat erzielt. Der Klecks im Reinheft bleibt, dass in zwei Fällen gar kein Verschütteter gefunden wurde.

So wurde getestet

Im Test waren 5 der meistverkauften Lawinensuchgeräte (LVS) von Arva, Barryvox von Mammut, Ortovox, Pieps und Tracker von BCA. Die Listenpreise bewegen sich bei allen um die 400 Franken.

Der Test fand in Zusammenarbeit mit dem WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) statt und wurde zusammen mit einem externen Experten geplant und durchgeführt.

In einem Praxistest suchten 20 Schüler vergrabene Lawinensuchgeräte. Als Testpersonen wurden Schüler gewählt, weil sie mit LVS ungeübt waren und deshalb nicht schon voreingenommen sein konnten.

  • Die Tests fanden auf Feldern der Grösse 40 x 40 Meter statt.
  • Die Felder wurden in 70 m Distanz voneinander gelegt, damit nie Sender von anderen Feldern stören konnten.
  • Auf jedem Feld waren 4 Sender 1 Meter tief vergraben, was der durchschnittlichen Verschüttungstiefe in Lawinen entspricht.
  • Die Schüler mussten jedes Mal 3 der 4 Sender suchen, einer war immer deaktiviert. So konnten die Schüler nie wissen, welche Sender aktiviert waren.
  • Nach 12 Minuten wurde die Suche abgebrochen, auch wenn ein Schüler nicht alle Sender gefunden hat.
  • Die Schüler suchten mit einer Sondierstange nach den Sendern. Wenn sie den Sender gefunden hatten, wurde dieser Fund automatisch auf einer Testzentrale registriert.
  • Der Feldbetreuer bestätigte dem Schüler den Fund. Der Schüler markierte den Fund auf seinem Gerät und machte sich auf, um den nächsten Sender zu finden.
  • Die Schüler rotierten nach jeder Suche das Feld und suchten auf dem nächsten Feld mit einem anderen Gerät nach den vergrabenen Sendern.
  • Insgesamt summierten sich im Laufe des Tages 40 Datensätze pro Gerät, also insgesamt 200 Datensätze.
  • Jeder Datensatz enthält die Suchzeit für den 1., den 2. und den 3. Sender.

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