In der Schlange fürs Check-in des Gepäcks anstehen, an der Destination auf den Koffer warten: Das gehört zum Ferienprogramm. Kurzaufenthalter vermeiden die Warterei und reisen bloss mit Handgepäck. «Kassensturz» liess neun der meistverkauften Handgepäck-Koffer zwischen 69.90 und 299 Franken im Labor SLG im deutschen Hartmannsdorf testen.
Gebrochene Teleskopstange im Belastungstest
Vier der neun getesteten Koffer erreichen nur die Gesamtbewertung «genügend», die übrigen sind «gut». Der Normtest zeigte die Grenzen von einigen Koffern auf.
Nach der 25 Kilometer langen Prüfstrecke (siehe «So wurde getestet») brach die Teleskopstange des Koffers «Cockpit Check» aus der Migros. Auch die Stangen der Hartschalenkoffer von Victorinox und Swissbags litten unter der standardisierten Belastung. Ihre Teleskopstangen hatten nach der Prüfstrecke auf unterschiedlichen Oberflächen deutlich mehr Spiel als vor dem Test. Alle übrigen Koffer überstanden die Belastungstests ohne Schäden – auch die beiden Tests der Ausziehgriffe und der Tragegriffe (siehe «So wurde getestet»).
Kaputter Reissverschluss
Weil die kleinen Koffer meist als Handgepäck in der Kabine mitreisen, fällt für den Koffer die beschwerliche Reise in den Kabinenraum des Flugzeugs weg. Deshalb hat «Kassensturz» den Falltest bewusst weggelassen.
Die Koffer-Experten bemängeln die Reissverschlüsse des zweirädrigen Titan Merik aus der Migros und des Victorinox-Modells Spectra global Carry-on Cabin. Der Reissverschluss der Aussentasche von Titan Merik ging während des Tests sogar kaputt.
Grosse Unterschiede beim Gewicht
Gerade für die kleinen Koffer ist das Eigengewicht eine entscheidende Grösse. Das Gewicht des Koffers geht vom erlaubten Gesamtgewicht und damit vom Gepäck weg. Testsieger Samsonite Uplite Spinner ist mit 1,8 Kilo mit Abstand der leichteste Koffer im Test. Alle anderen wiegen deutlich über zwei Kilo, Cockpit Check kommt sogar auf das stolze Leergewicht von 3,2 Kilo. Das ist extrem unbefriedigend, da das erlaubte Gewicht in vielen Fällen bei acht Kilogramm liegt. Bei einigen Airlines liegt das Limit noch tiefer, zum Beispiel bei Emirates (7 Kilo) oder Tui fly (6 Kilo) – Reisende können also weniger als drei Kilo in Cockpit Check packen.
Grosse Preisunterschiede bei den Besten
Bei der Langlebigkeit sind die drei besten Koffer der Marken Samsonite (200 Franken, Schulnote 5,4), Ucelli (99 Franken, Note 5,3) und Pack easy (149 Franken, Note 5,3) praktisch gleichauf. Wer auf den Preis schielt, wird sich trotz der kleinen Vorteile für Samsonite – das einmalig tiefe Eigengewicht und die leisesten Rollen – für Ucelli entscheiden.
Oft langjährige Garantie
Die Hersteller und Vertreiber der schwächeren Modelle haben sich beim «Kassensturz» gemeldet. Migros will die Mängel der beiden schwächsten Koffer im Test mit seinem Lieferanten diskutieren.
Victorinox schreibt, man kümmere sich erst seit drei Jahre wieder selber um das Reisegepäck und sei dabei, die «Produkte laufend zu optimieren». Ein neuer Griff für den Koffer im Test sei bereits in Produktion und werde demnächst ausgeliefert. Swissbags kritisiert, dass Hartschalen- und Textilkoffer miteinander getestet wurden. Das im Test bemängelte Spiel beim Ausziehgriff sei ausserdem beabsichtigt.
Viele Hersteller und Verkäufer betonen, dass auf ihren Koffern eine langjährige Garantie gelte. Deshalb lohnt es sich, den Garantieschein aufzubewahren, damit man auch nach Jahren die Garantie geltend machen kann.
Mängel im Laden erkennen
Einige potenzielle Mängel eines Koffers lassen sich bereits im Laden erkennen. Testleiter Andreas Kékedi empfiehlt beispielsweise, die Reissverschlüsse auszuprobieren und zu prüfen, ob sie schlecht laufen oder gar hängen bleiben.
Es zahlt sich aus, schon vor dem Kauf festzustellen, ob der am Koffer befestigte Henkel genügend Platz bietet und gut in der Hand liegt, wenn man das Gepäckstück mal tragen muss.
Auch ein Blick in die Innenausstattung lohnt sich schon im Laden. Die Unterschiede sind gross, und je nach persönlichen Bedürfnissen ist ein Gurt zum Festbinden nützlicher oder verschiedene Reissverschluss-Fächer das Richtige.
Zwei oder vier Rollen
Die beiden Koffer Titan und Roncato sind mit zwei Rädern ausgestattet, alle übrigen verfügen über vier Rollen. Es hängt auch von den persönlichen Vorlieben ab, welche Rollenzahl den eigenen Manövrier-Ansprüchen besser entgegenkommt. Vor dem Kauf lässt sich auch dies gut im Laden ausprobieren.
Handgepäck-Vorgaben studieren
Einen Allround-Koffer, der den Vorgaben aller Airlines entspricht, gibt es nicht, allenfalls schafft dies ein sehr kleines, sehr leichtes Modell. Unterschiedliche Fluggesellschaften haben unterschiedliche Limiten für die Masse und das Gewicht des Handgepäcks, wobei das Gewicht im Bereich von maximal 6 Kilo (Tui fly) bis 23 Kilo (British Airways) liegen kann.
Da sich die Regeln der Airlines laufend ändern können, lohnt es sich, vor jedem Flug den aktuellen Stand in Erfahrung zu bringen. Dies ist auch sicherer, als sich auf das Verkaufspersonal im Laden zu verlassen. Bei der Vielzahl von Bestimmungen ist es kaum möglich, im Laden aktuelle und präzise Auskünfte zu bekommen.
So wurde getestet
- Fahren, navigieren: Auf einem Parcours testeten die Koffer-Experten, wie gut sich der Koffer schieben und ziehen lässt, wie angenehm das seitliche Schieben ist, wie komfortabel der Teleskopgriff ist, auch für überdurchschnittlich grosse Personen und wie angenehm sich der Koffer anheben, tragen und absetzen lässt.
- Langlebigkeit Griffe & Rollen: Auf einer Trommel mit unterschiedlichen Belägen zieht eine Maschine mit 4 km/h den mit zehn Kilo beladenen Koffer über eine Distanz von 25 Kilometer. Der Tester prüft anschliessend an Rollen und Teleskopstange, welche Spuren die Belastung hinterlassen hat. An Teleskop- und Tragegriff hebt und senkt eine Maschine 5000 Mal den mit zehn Kilo beladenen Koffer. Der Tester prüft anschliessend den Zustand der Griffe.
- Langlebigkeit der Reissverschlüsse: Von Hand öffnet und schliesst ein Tester den Reissverschluss 250 Mal. Anschliessend stellt er den Zustand des Reissverschlusses fest.