750'000 Personen trainieren regelmässig in Schweizer Fitnesscentern. Das zeigt der aktuelle Branchenreport vom Schweizerischen Fitness- und Gesundheitscenter Verband SFGV. Doch nicht jedes der über 800 Studios behandelt seine Kunden sportlich fair. Besonders ärgerlich sind nach wie vor die automatischen Vertragsverlängerugen im Kleingedruckten: Die meisten schliesen einen Jahresvertrag ab mit einer klar definierten Dauer, dennoch verlängern viele Fitnesscenter das Abonnement stillschweigend um ein weiteres Jahr. Wer nicht mehr zufrieden ist oder aufhören will, kommt fast nicht aus dem Vertrag heraus.
Diese Erfahrung machte Nadine Eschmann mit dem Unternehmen «Discountfit». Mit ihrer Familie zügelte sie vom Kanton Bern in den Kanton Zug. Weil es in der Nähe des neuen Zuhauses keine «Discountfit»-Filiale hat, wollte sie ihr Fitnessabo vorzeitig kündigen.
Discountfit: Neue Rechnung erst nach Kündigungstermin
Aber «Discountfit» entliess Nadine Eschmann nicht aus dem Vertrag. «Ich bezahlte die Jahresgebühr von 468 Franken praktisch umsonst», bilanziert Nadine Eschmann. Bereits vor dem Umzug störte sich die Hobbysportlerin am Umstand, dass «Discountfit» die Verträge automatisch erneuert. So bleibt sie ungewollt ans Fitnesscenter gebunden.
Pranger für Fitnesscenter
«Kommt hinzu, dass die neue Abo-Rechnung immer erst nach dem Kündigungstermin eintrifft,» kritisiert Nadine Eschman. «Discountfit» bestätigt gegenüber «Kassensturz», man verschicke Rechnungen jeweils nach dem Kündigungstermin. So spare man sich den Versand von obsoleten Rechnungen.
Ungewollt ans Fitnesscenter gebunden
Schlechte Erfahrungen mit der automatischen Vertragsverlängerung machte auch Madeleine Jacomet aus Basel. Die Kette «Basefit» übernahm im Herbst 2015 ihr langjähriges Fitnessstudio. Der neue Anbieter überzeugte sie nicht: «Es war plötzlich so unpersönlich. Am Empfang arbeitete niemand mehr, ich erhielt bloss einen Zutrittsbadge.»
«Basefit» liess die unzufriedene Kundin aber nicht ziehen mit der Begründung, dass der Vertrag eben um ein Jahr verlängert worden sein. Das Fitnessstudio kämpfte mit harten Bandagen, erinnert sich Madeleine Jacomet: «Eines Tages rief mich jemand im Auftrag von «Basefit» an. In schlechtem Deutsch wurde mir mit dem Inkasso gedroht.»
Madeleine Jacomet liess sich nicht einschüchtern und bewies im wochenlangen Clinch viel Ausdauer. «Basefit» entliess sie «aus Kulanz» aus dem Vertrag. Gegenüber «Kassensturz» hält «Basefit» fest: «In Fällen wie Krankheit, Schwangerschaft oder Wegzug hat der Kunde gemäss AGB die Möglichkeit seine Mitgliedschaft vorzeitig zu beenden. Im konkreten Fall traf keiner dieser Gründe zu.»
Kundenfeindliche Vertragsklauseln
Die automatische Vertragsverlängerung darf nicht in den AGB versteckt werden, sonst steht sie rechtlich auf wackligem Boden. Kundenfeindliche Klauseln gehören unübersehbar in den Vertrag. Viele Fitnessstudios versuchen damit ihre Kunden an sich zu binden.
Eine «Kassensturz»-Umfrage zeigt, nicht alle Fitnesscenter setzen auf die automatische Vertragsverlängerung: Die 36 Center von «activfitness» verlängern auslaufende Verträge nicht automatisch. Genau wie «Exersuisse» mit ihren 20 Studios. Ihre Kunden sollen sich bewusst für eine Abo-Verlängerung entscheiden, so die Begründung des Unternehmens mit aktuell 20 Studios.
Viele Fitnesscenter hingegen setzen auf die kundenfeindlichen Klauseln. Zum Beispiel «Discountfit», «Basefit» und die Migros Tochter «Flowerpower» verlängern automatisch den Vertrag, wenn der Kunde nichts unternimmt. Ebenso kundenunfreundlich die Kette «Fitnessplus». (Das Fitnesscenter «Fitness Plus» in Bern ist ein eigenständiges Unternehmen und kennt keine automatische Verlängerung.)
Fitnessverband hält an automatischer Verlängerung fest
Von den über 800 Fitnessunternehmen sind rund 80 % Einzelunternehmen mit maximal fünf Standorten. Viele kleinere Fitnesscenter sind dem Schweizerischen Fitness- und Gesundheitscenter Verband SFGV angeschlossen.
Roland Steiner, SFGV Vizepräsident, will die automatische Vertragsverlängerung nicht abschaffen. Wichtig sei aber, dass die Kunden rund einen Monat vor Vertragsverlängerung auf die Kündigungsmöglichkeit hingewiesen würden: «Eine Reaktionszeit gehört schlicht einfach zu einer fairen Kundenbeziehung», betont Roland Steiner gegenüber «Kassensturz».
Tipps
- Vor dem Unterschreiben den Vertrag genau zu studieren
- Störende Klauseln streichen
- Wird das Streichen nicht akzeptiert, das neu abgeschlossene Abo gleich wieder kündigen. Auf diese Weise verpasst man keine Frist
SKS stellt kundenfeindliche Fittnesscenter an den Pranger
Die Thematik «automatische Vertragsverlängerung in der Fitnessbranche» beschäftigt auch die Stiftung für Konsumentenschutz SKS. Sie analysiert laufend die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Fitnesscentern und führt schwarze, graue und weisse Listen.