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Amt unter Druck: «Kassensturz» bewegt sie zum Handeln
Nach dem Kassensturz-Bericht über eine missratene Brustverkleinerung des Schönheitschirurgen Peter Meyer-Fürst hat die Gesundheitsdirektion des Kanton Zürich ein aufsichtsrechtliches Verfahren gegen Peter Meyer-Fürst eröffnet, wie sie «Kassensturz» mitteilt.
21.01.2015:
Endlich: Nach dem «Kassensturz»-Beitrag über eine weitere verpfuschte Schönheitsoperation von Peter Meyer-Fürst wird die Zürcher Gesundheitsbehörde wieder aktiv.
Seit ihrer Pubertät litt Larissa M.* unter ihren schweren Brüsten. Wegen des Gewichts des Busens hatte sie Nacken- und Rückenschmerzen. In der Tagesklinik am Bellevue in Zürich versprach ihr ein gewisser Doktor P. Meyer ein tolles Resultat. Hinter dem Namen verbirgt sich der bekannte Arzt Peter Meyer-Fürst. «Über die Risiken bin ich bei ihm nicht aufgeklärt worden,» erzählt Larissa M. «Für ihn war klar, es wird alles super. Das Beratungsgespräch dauerte etwa 15 Minuten.»
Eklatante Entstellung
Im Juni letzten Jahres liess sich die junge Frau von Meyer-Fürst operieren. Ein halbes Jahr später zeigt sie sich Professor Dirk Schaefer, Chefarzt für plastische Chirurgie am Universitätsspital Basel. «Das Ergebnis ist aus Patientensicht inakzeptabel», kritisiert der Experte.
«Es ist eine eklatante Entstellung einer jungen Frau, und sie wird für ihr Leben lang von diesem Eingriff gezeichnet sein und unter den Folgen leiden.» Ein solches Ergebnis entspreche nicht dem Facharztstandard für plastische Chirurgie.
Tackern mit Metallklammern
Peter Meyer-Fürst bostitchte die Wunden mit Metallklammern zusammen. Bei Brüsten eine absolut unübliche Methode, sagen Experten. Eine Brustwarze war schwarz und blutunterlaufen. «Meyer-Fürst hat mir glaubhaft versichert, das sei kein Problem, das sei eine Kruste, die verheilen würde», erinnert sich Larissa M.
Ganz anders beurteilt dies Professor Dirk Schaefer. Er bemängelt die ungenügende Nachbetreuung: «Es ist zu einer Stauung des Blutes gekommen und damit zu einem Verlust der Haut und der Brustwarze.» Die junge Frau wird vermutlich nie stillen können.
Loch in der Brust
Nach der Operation entstand an ihrer linken Brust zudem eine schwarze Stelle. «Als das Loch so gross wie ein Zweifrankenstück war, hat mich Meyer-Fürst ohne Narkose und Betäubungsmittel einfach zugenäht. Es musste schnell gehen, weil ich kurz darauf in die Ferien ging», erzählt Larissa M. «Nach den Ferien hat er mich unter Narkose wieder operiert, dann ging es eine Woche später erneut auf, und er hat mich nochmals unter Narkose operiert. Aber es wurde schlimmer und schlimmer.»
Unnötige Silikonimplantate
Larissa M. bekam Fieber und musste notfallmässig ins Unispital Zürich. Dort erfuhr sie zu ihrem Entsetzen, dass ihr Meyer-Fürst bei der Brustverkleinerung Silikonimplantate eingesetzt hatte. Er habe zwar von «Prothesen» gesprochen, ihr aber nicht gesagt, dass er damit grosse Silikonkissen meinte. Einer
Patientin müsse man die Implantate unbedingt vorher zeigen, sagt Chefarzt Dirk Schaefer. Sie sei ungenügend aufgeklärt worden. Doch vor allem kritisiert er die Operationsmethode. Das Einsetzen von Silikonkissen sei gar nicht nötig gewesen: «Bei einer jungen Patientin, der die Brust verkleinert wird, braucht man keine Prothesen, kein zusätzliches Volumen.»
Abgelaufenes Implantat
Die Dokumente zu den Implantaten zeigen zudem: Ein Silikonkissen war bei der Operation bereits seit einem Jahr abgelaufen. Ein Implantat nach Ablaufdatum einzusetzen sei illegal, sagt Karoline Mathys, Leiterin Marktüberwachung am Heilmittelinstitut Swissmedic. Für Medizinprodukte gäbe es klare Qualitätsanforderungen, deshalb definiere der Hersteller ein Ablaufdatum: «Bis dann ist die Qualität garantiert, nachher darf man das nicht mehr einsetzen. Wenn man es trotzdem macht, dann verletzt ein Arzt seine Sorgfaltspflicht und gefährdet möglicherweise die Patientin, die das Implantat bekommt.»
Antibiotika ohne Zulassung
Damit nicht genug: Larissa M. bekam nach der Operation ein Antibiotikum aus Kroatien, das in der Schweiz nicht zugelassen ist. Die Abgabe von Medikamenten ohne Zulassung ist verboten. «Es gibt in der Schweiz genug Präparate mit dem Wirkstoff Doksiciklin, die zugelassen sind», sagt Karoline Mathys von Swissmedic. «Entsprechend darf man keine ausländischen Präparate abgeben.»
Bezahlung bar auf die Hand
Die Krankenkasse hat die gesamten Kosten der medizinisch notwendigen Brustverkleinerung von 6500 Franken übernommen. Trotzdem verlangt Meyer-Fürst von Frau M. am Operationstag zusätzlich noch 5000 Franken bar auf die Hand. «Meyer-Fürst sagte, er schicke eine Offerte an die Krankenkasse, um zu klären, ob sie alles übernehmen würden. Dann hat er mir vor der Operation gesagt, dass die Krankenkasse nur einen Teil übernehme.»
Verurteilt wegen Körperverletzung
In den 80er-Jahren war Peter Meyer-Fürst ein gefragter Schönheitschirurg und ein Partylöwe zwischen den Schönen und Reichen. Sein Abstieg begann in den 90ern. «Kassensturz» berichtete 1993 erstmals über ihn, obwohl Meyer-Fürst die Nennung seines Namens durch den Richter hatte verbieten lassen. «Kassensturz» dokumentierte fünf Fälle von missratenen Operationen. Peter Meyer-Fürst bestritt damals sämtliche Vorwürfe der schlechten Nachbetreuung und der Verletzung seiner ärztlichen Sorgfaltspflicht. Er wurde später in einem Fall wegen einfacher Körperverletzung verurteilt.
Seither melden sich bei «Kassensturz» immer wieder verzweifelte Patientinnen und schicken Fotos mit unterschiedlich grossen Brüsten oder Dellen in den Brüsten.
Operieren mit 78 Jahren
Auch bei der Patientenstelle Zürich liegen derzeit mehrere Dossiers von unzufriedenen Patienten, die von Meyer-Fürst operiert wurden. Erika Ziltener versteht nicht, wieso der heute 78 Jahre alte Arzt noch arbeiten darf. «Im Fall von Peter Meyer-Fürst nimmt die Gesundheitsdirektion aus meiner Sicht ihre Pflicht nicht ausreichend wahr, sie müsste ihm die Bewilligung dringend entziehen», sagt die Patientenvertreterin.
Das Versagen der Behörden
Die Zürcher Gesundheitsdirektion verlängert Peter Meyer-Fürst seit dem 70. Altersjahr die Bewilligung alle drei Jahre. Einmal, 2009, wollten die Behörden sie nicht mehr erneuern. Doch sie blitzten beim Verwaltungsgericht ab. Die ihm vorgelegten Verfehlungen seien zu wenig gravierend, befand das Gericht. Für eine Bewilligungsverweigerung bestehe deshalb kein gewichtiges öffentliches Interesse.
Meyer-Fürst antwortet nicht auf Vorwürfe
«Kassensturz» hat Peter Meyer-Fürst während Tagen mehrfach per E-Mail und eingeschriebener Post mit den Vorwürfen konfrontiert. Keine Antwort. Als ihn die Redaktorin auf dem Handy erreicht, legt er auf.
Kein Geld für Wiederherstellung
Larissa M. wird vermutlich nie stillen können, ihre Brustwarzen sind abgestorben. Für das Korrigieren der Narben und die Rekonstruktion ihres Busens wäre eine aufwändige Operation notwendig. Doch dafür fehlt ihr das Geld, denn die Kasse übernimmt nur einen Teil der Kosten. Die Wiederherstellung eines symmetrischen Busens mit Eigenfett ist keine Pflichtleistung. «Ich bin wütend auf mich, weil ich ihn nicht gegoogelt habe», sagt sie. «Aber genauso wütend bin ich, dass man ihn nicht aus dem Verkehr zieht. Man schaut zu, wie Frauen ein Leben lang Schmerzen und Leid haben, wegen eines Chirurgen der 78 Jahre alt ist. Dafür fehlen mir die Worte.»
Strafanzeige und Hausdurchsuchung
Die 19-Jährige hat Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung eingereicht. Die Strafbehörden durchsuchten im Dezember die Räumlichkeiten der Tagesklinik am Bellevue. Peter Meyer-Fürst zeigte laut seinem Anwalt die eigene Patientin an, wegen falscher Anschuldigung und übler Nachrede. Nicht zum ersten Mal geht er damit gerichtlich gegen seine eigene Patientin vor, um sie einzuschüchtern.
*Name von der Redaktion geändert