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Konsum Das Geschäft mit dem Platz im Regal

Für einen Platz im Ladenregal bezahlen Markenartikel-Hersteller den Detailhändlern happige Gebühren.Wer nicht zahlt, wird nicht ins Sortiment aufgenommen. Recherchen des Konsumentenmagazins «Espresso» zeigen: Es geht um Hundertausende von Franken. Am Ende berappt dies der Konsument.

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Das Geschäft mit dem Platz im Ladenregal
aus Espresso vom 18.12.2013. Bild: keystone
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Einige Beispiele: Wer sein neues Produkt in allen Coop-Filialen der Schweiz sehen möchte, bezahlt dafür 110'000 bis über 250'000 Franken. Diese Zahlen hat das Konsumentenmagazin «Espresso» von mehreren Herstellern genannt erhalten. Bei Denner koste die Platzierung eines Produkts neben der Kasse mehrere Tausend Franken im Monat.

Hersteller: «Schweizweit eine Million pro Produkt»

Die sogenannten Listungs-Gebühren seien in der Schweiz im Verhältnis zur Grösse des Landes zweieinhalb Mal so hoch wie in Deutschland, kritisiert Promarca, die Vereinigung der Markenartikel-Hersteller.

Promarca-Direktorin Anastasia Li rechnet vor: «Wer in der Schweiz flächendeckend ein Produkt einführt und allen Händlern die Listungs-Gebühr bezahlt, kommt auf eine halbe Million Franken.» Dazu würden die Detailhändler noch Beiträge für Werbung und Promotion verlangen, «so muss man für eine Produkteinführung mit einer Million rechnen.»

Verschiedene Schweizer KMU sagten gegenüber «Espresso», sie müssten für sämtliche Gebühren 12 bis 28 Prozent des voraussichtlichen Nettoumsatzes budgetieren. Für einen mittelständischen Betrieb ist das viel Geld.

Detailhändler: «Entschädigung für Mehraufwand und Risiko»

Die Detailhändler verteidigen diese Gebühren. Coop schreibt beispielsweise über diese Zahlungen, welche er Neuheiten-Investitionen nennt: «Damit beteiligen sich die Lieferanten an den Kosten, die für Coop bei der Neulancierung eines Produktes anfallen.»

Die Höhe der Neuheiten-Investitionen hänge davon ab, welche Gegenleistungen Coop erbringe. Und in wie vielen Verkaufsstellen der Artikel lanciert werde.

Denner-Sprecherin Paloma Martino weist darauf hin, dass der Discounter ein beschränktes Sortiment von 1900 Produkten habe: «Wollen wir in neues Produkt einführen, muss ein bereits gut eingeführtes Produkt weichen. Dies ist immer ein Risiko.» Eine Entschädigung dafür sei angebracht.

Die Markenartikel-Hersteller ihrerseits reden auch von einem Risiko: Sie zahlen hohe Gebühren für die Listung eines Produktes. Oft würde dieses dann aber bereits nach wenigen Monaten wieder aus den Regalen verbannt, weil es nicht laufe. Die Gebühren seien dann noch nicht amortisiert.

Wenig Kritik von Detailhandels- und Preis-Experten

Marketingprofessor Marcus Schögel von der Hochschule St. Gallen findet die Listungs-Gebühren grundsätzlich gerechtfertigt. Die Detailhändler hätten mit neuen Produkten tatsächlich Mehraufwand in der Logistik und in der Werbung.

Auch seien Neueinführungen wirklich ein Risiko: «70 bis 90 der neuen Produkte erweisen sich als Flops.» Über die Höhe der Gebühren könne man aber durchaus diskutieren: prüfen, ob die Gegenleistung stimme.

Auch Preisüberwacher Stefan Meierhans hat die Listungs-Gebühren untersucht: «Man kann es nicht als unzulässig oder falsch kritisieren, dass die Detailhändler solche Gebühren verlangen. Irgendwie muss der Platz in den Regalen ja verteilt werden.»

Vor allem die Werbung verteuert Produkte

Ob die reinen Listungs-Gebühren die Produkte spürbar verteuern, ist für beide Experten nicht sicher:

«Ich glaube schon, dass die Hersteller diese bei der Produkt-Einführung einkalkulieren», sagt Marketing-Professor Marcus Schögel. Es komme aber darauf an, wie stark der Hersteller die Gebühren den Läden weiter verrechne und diese wiederum den Kunden. Schögels vorsichtiges Fazit: «Einen gewissen Teuerungseffekt könnte es geben.»

Für Preisüberwacher Stefan Meierhans ist zentral, dass die Listungs-Gebühren oft mit Werbe- und Promotionsbeiträgen gekoppelt würden. Insofern erachtet er sie einfach als Verschiebung des Werbebudgets vom Hersteller zum Händler: «Alle Werbung und Marketing ist natürlich ein Teil des Preises, den die Kunden an der Kasse bezahlen.»

Aus Sicht der Konsumenten stelle sich hier die Frage, wie viel Werbung ein Produkt wirklich brauche.

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