«Wenn ich keine Ersatzteile für Luxus- und Markenuhren kriege, kann ich meinen Kunden nicht zufriedenstellen.» So fasst Ernst Gottlieb – Präsident des Europäischen Uhrmacherverbands – den Grund der Klage in Brüssel gegen den Schweizer Uhrenhersteller «Richemont» zusammen.
Für die Schmuck- und Uhrengeschäfte sei die Möglichkeit, Uhren zu reparieren, eine Frage des Überlebens. «Wenn ich die Uhr einschicken muss, die Kosten deswegen übermässig hoch sind und die Wartezeit deshalb auch ewig lang ist, kommt ein Kunde kein weiteres Mal mehr in mein Geschäft. So kauft er auch keine anderweitigen Produkte in meinem Laden», gibt Gottlieb zu bedenken.
Fehlende Wahlfreiheit für Kunden
In ganz Europa – und da schliesst Gottlieb die Schweiz mit ein – würden die Uhrmacher im selben Boot sitzen. «Die Belieferungspolitik der Hersteller nimmt den Handwerkern eine wichtige Einnahmequelle und den Verbrauchern Wahlfreiheit.» Und auch der Präsident des Schweizer Vereins der Uhrenfachgeschäfte, André Hirschi, ist ähnlicher Meinung: «Wir fordern schon seit Jahren, dass die Uhrenindustrie mehr Uhrenateliers zertifiziert und diese Ersatzteile bekommen.» Mehr könne man nicht machen. Es sei in der Branche aber ein riesen Thema.
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Hirschi bezweifelt, dass die Klage seiner Europäischen Uhrmacher-Kollegen in Brüssel etwas bewirkt und die Luxus- und Markenuhrenhersteller mehr Uhrmacher mit Ersatzteilen ausrüsten wird. «Als Nicht-Jurist habe ich die Vermutung, dass diese immer wieder einen anderen Grund finden, um keine Ersatzteile liefern zu müssen.»
Industrie redet nicht
Das Verhältnis zwischen den Herstellern und den Uhrfachgeschäften habe sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. «So ist die Zusammenarbeit mit 'Richemont' nicht mehr so partnerschaftlich, wie man sich das wünschen würde», sagt der Präsident der Uhrenfachgeschäfte André Hirschi. Mit kleineren Marken sei dies noch besser.
Angesprochen auf die erhobenen Vorwürfe und den laufenden Prozess in Brüssel sagen weder «Richemont» noch der Verbandspräsident der Uhrenindustrie etwas. Das «laufende Verfahren» oder ein «fehlendes Mandat» sind die Begründungen, dass man weder schriftlich noch mündlich Stellung bezieht.