Filialleiter Oliver Hauser aus Wädenswil hofft seit Jahren auf den grossen Euromillionen-Gewinn. Mehr als 20 Franken hat er noch nie gewonnen. Da geht es ihm genau gleich wie Millionen von anderen Spielern bei Euro Millions.
Ernüchternde Rechnung
Beim grossen Geschäft um die Lottomillionen wollen auch Trittbrettfahrer mitkassieren. Zum Beispiel die Firma Euro-Lotto: Sie wirbt bei Sportanlässen und in Shoppingcentern um neue Kunden. Die Schweizer Firma Euro-Lotto Tipp AG verkauft die Teilnahme an Tippgemeinschaften für Euro Millions. Für weniger als 20 Franken ist man mit 100 Tipps dabei.
Für 19.80 Franken erhält man 100 Tipps – das tönt verlockend im ersten Moment. Doch wie vorteilhaft sind Tippgemeinschaften wirklich? «Kassensturz» rechnet nach: Mit fünf Richtigen aus 50 sowie 2 korrekten Sternen knackt man den Jackpot von Euro Millions. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr klein. Die Chancen stehen 1 zu 76 Millionen.
Tippgemeinschaften haben grössere Chancen auf den Jackpot. Spielen beispielsweise hundert Personen zusammen, erhöhen sich deren Gewinnchancen um das Hundertfache. Die Gewinnwahrscheinlichkeit ist zwar grösser, aber sie bleibt immer noch astronomisch klein.
Mit Tippgemeinschaften fährt man nicht besser. Das weiss Statistik-Professor Lutz Dümbgen. Wie wahrscheinlich ist der Gewinn des Jackpots in Tippgemeinschaften? Der Zahlenvergleich des Statistikers ist ernüchternd: Tippgemeinschaften seien allenfalls für Ungeduldige eine interessante Sache. Ein Einzelkämpfer müsse im Schnitt 1,4 Millionen Jahre auf den ersten Jackpot warten – in einer Spielergemeinschaft hingegen nur noch 14‘000 Jahre.
Nur ein Drittel im Spiel
Auf lange Frist spielt es keine Rolle, ob man allein oder in Tippgemeinschaften um die Euromillionen spielt. Tippgemeinschaften gewinnen zwar häufiger, die Ausschüttungen müssen aber mit den anderen Tippern geteilt werden. Wer aber mit Euro-Lotto tippt, fährt garantiert schlechter. Pro Ziehung zahlt der Euro-Lotto-Kunde 19.80 Franken. Dafür erhält er zwei Tipps à 3.20 Franken. Einen Tipp für sich, der andere fliesst in den Gemeinschaftspool.
Das heisst: Hundert Gemeinschaftstipper zahlen Euro-Lotto insgesamt 1980 Franken. Damit kauft die Tippgemeinschaft 100 Gemeinschaftstipps à 3.20 Franken – für insgesamt 320 Franken. Jeder Spieler spielt auch mit einem persönlichen Tipp. Das kostet Euro-Lotto nochmals 320 Franken. Nur 640 Franken werden in Euro Millions investiert. Den Rest, fast 70 Prozent, behält die Firma Euro-Lotto Tipp AG für sich.
Warum investiert Euro-Lotto bloss ein Drittel der Kundengelder in Euro Millions? Am Geschäftssitz von Euro-Lotto im zugerischen Baar trifft «Kassensturz» Walter Inderbitzin, den Verantwortlichen der Euro-Lotto Tipp AG. Er sagt, Euro-Lotto biete ja nicht nur das Los von Euro Millions an, sondern die Dienstleistung einer Tippgemeinschaft. «Und diese Dienstleistung kostet uns etwas – darum können wir nur ein Drittel direkt in Lose investieren.» Dem Kunden werde das nicht mitgeteilt. Inderbitzin: «Das macht ja niemand. Zudem erhalten alle Langzeitteilnehmer alle drei Monate einen Hotelgutschein.»
Bedenkliches Angebot
Die Lotterie- und Wettkommission Comlot überwacht in der Schweiz den Lotteriemarkt. Tippgemeinschaften sind nicht verboten. Die Konditionen der Euro-Lotto Tipp AG seien aber höchst bedenklich. «Für den Kunden ist dieses Angebot überhaupt nicht vorteilhaft», sagt Manuel Richard von Comlot. Schlussendlich verliere der Spieler rund 70 Prozent seiner Einsätze, die nicht für Tipps verwendet werden.
Euro-Lotto Tipp AG rechtfertigt sich: Man brauche einen Teil der Gelder für Softwarelizenzen und Computer. Und auch die Geld-zurück-Garantie koste Geld. Wer nämlich drei Monate lang nichts gewinnt, erhält seinen ganzen Einsatz zurück. Aber: Eine solche Garantie kostet Euro-Lotto keinen Rappen.
Verhinderungstaktik
Nach dem Interview mit «Kassensturz» – im Beisein eines Anwalts – versuchte Euro-Lotto Tipp AG mehrmals, die Ausstrahlung des Fernsehbeitrags auf rechtlichem Weg zu verhindern – erfolglos. Dreimal blitzte die Innerschweizer Firma vor Gericht ab: in Zug, beim Bezirksgericht in Schwyz und beim Kantonsgericht Schwyz. Heute konnte der «Kassensturz»-Beitrag mit fünfmonatiger Verzögerung gesendet werden.