«Kassensturz» hat die Restaurantpreise von 60 Weinen mit jenen bei Händlern verglichen. Fazit: Beim Blick in die Weinkarte könnte so manch einem Restaurantbesucher der Durst vergehen, denn Wirte verlangen für eine Weinflasche ein Mehrfaches vom Einkaufspreis.
Ein gutes Glas Wein gehört für die meisten zum Essen im Restaurant dazu. Doch wieviel darf ein solcher Wein kosten? Und was verdient der Wirt daran? «Kassensturz» studierte die Weinkarten von zehn Schweizer Restaurants aus verschiedenen Kantonen und verglich die Preise mit dem Angebot im Internet, beim Fachhändler oder im Detailhandel.
Bis zu fünf Mal so teuer wie im Laden
Ein Beispiel: Ein Chardonnay Cap Cette 2014 aus Südfrankreich kostet in einem Restaurant in der Zürcher Innenstadt 62 Franken. Der gleiche Wein ist im Fachgeschäft Sélection Schwander für 11.90 Franken erhältlich. Im Restaurant kostet der Tropfen also fünf Mal so viel! Allerdings findet «Kassensturz» auch Weine, die im Restaurant nur gut doppelt so viel kosten wie im Handel. Über alles gesehen zeigt die Stichprobe mit 60 Weinen, dass der feine Tropfen im Restaurant rund drei Mal so viel kostet. Wie kalkulieren die Wirte?
«Kassensturz» fragt bei Bindella nach. Das Unternehmen betreibt in der ganzen Schweiz rund 40 Restaurants und verkauft im eigenen Weingeschäft auch die Weine, welche sie in Bindella-Restaurants ausschenken. Geschäftsleiter Geri Theiler erklärt die Kalkulation an einem Beispiel: «Der Chardonnay Lageder kostet im Restaurant 45 Franken, in unserer Vinothek bezahlt man 14.50 Franken. Mit Mehrwertsteuer sind das 28 Franken Preisaufschlag. Den brauchen wir für unsere Dienstleistungen am Gast im Restaurant.»
Quersubvention geht nicht immer auf
In den Bindella-Restaurants kostet dieser Wein also das Dreifache. Bei den teureren Weinen ist der Faktor kleiner. Aber es bleibt dabei, Weintrinker kommen im Restaurant über Gebühr an die Kasse. Und das ist ein leidiges Thema. Früher gab der Schweizerische Wirteverband sogar Empfehlungen zu den Restaurant-Weinpreisen ab.
Spitzenkoch Herbert Huber erinnert sich: «Der Wirt konnte in einem speziellen Büchlein den Minimalpreis mit Faktor nachlesen. Aber man musste bei der Empfehlung aufpassen, dass es nicht kartellmässig war». Doch die Kalkulation, wonach der Wein das Essen quersubventionieren soll, geht für ihn nicht auf: «Das war ein grosser Fehler, denn es wurde weniger getrunken und somit weniger Wein verkauft. Ergo hatte man weniger Geld zur Verfügung zum Quersubventionieren.» Die Küche sei die teuerste Leistung und müsse und dürfe ihren Preis haben. «Das wird auch vom Gast akzeptiert.»
Apps und Zapfengeld als Alternative
Den Wein günstiger und das Essen teurer verkaufen, davon hält der Master of Wine Philippe Schwander nicht viel. Er findet, der Wein dürfe im Restaurant seinen Preis haben, wenn der Wirt eine gute Beratung bietet: «Wirte, die nicht viel von Wein verstehen, neigen dazu, den Wein zu teuer zu verkaufen. Ich habe mal einen Gastronomen erlebt, der einen Mouton Cadet – ein billiger Markenwein für rund 10 Franken – für 150 Franken verkaufte.»
Wer im Restaurant nicht ein x-Faches für eine gute Flasche bezahlen möchte, der hält sich am besten an diese Tipps:
- Benutzen Sie Apps auf dem Smartphone, die die aktuellen Weinpreise ausspucken (siehe Linkbox).
- Den Wein von zu Hause mitbringen. Einige Wirte verlangen dafür ein Zapfengeld. Am besten fragen Sie vor dem Restaurantbesuch kurz nach. Mehr dazu erfahren Sie im «Espresso»-Beitrag.
Auszug aus dem «Kassensturz»-Vergleich:
Restaurant | Wein | Preis auf Weinkarte (CHF) | Preis im Detailhandel (CHF) | Faktor | Aufpreis in CHF |
---|---|---|---|---|---|
Giesserei, Zürich-Oerlikon | Pinot Gris 2014, 68 (Simon Krebs, Twann) | 68.00 | 19.00 | 3,6 | 49.00 |
Merlot Arzo 2011 (Gialdi, Mendrisio) | 87.00 | 31.00 | 2,8 | 56.00 | |
Rubino, Basel | Chardonnay 2014 (Henri Cruchon, Morges) | 59.40 | 22.00 | 2,7 | 37.40 |
Fendant de Vetroz 2014 AOC VS (Serge Roh, Chasselas) | 54.00 | 12.50 | 4,3 | 41.50 | |
Rosengarten Bern | Champanel Grand cru AOC 2014 (Henri Cruchon, Morges) | 49.00 | 13.50 | 3,6 | 35.50 |
Dogaia Rosso del Ticino DOC 2012 (Guido Brivio, Mendrisio) | 65.00 | 29.80 | 2,2 | 35.20 | |
National, Winterthur | La Chaille Cornalin 2013 Valais AOC (La Rodeline, Fully) | 78.00 | 38.00 | 2,1 | 40.00 |
Irchelgold Cabernet Jura 2013/14 (Brandenberger, Berg a.I.) | 49.00 | 16.00 | 3,1 | 33.00 | |
Centro, Luzern | Chardonnay AOC du Valais 2013 (Jacques Germanier, Abbaye de Vétroz) | 45.50 | 11.50 | 4,0 | 34.00 |
Chardonnay erste Wahl 2014 (Weingut Florin) | 58.00 | 26.90 | 2,2 | 31.10 | |
Bindella Santa Lucia, Winterthur | Amarone Riserva di Costasera 2009 A55 | 88.00 | 42.00 | 2,1 | 46.00 |
Brunello 2010 (Castello Banfi) | 78.00 | 35.00 | 2,2 | 43.00 | |
Schiff, Rheinfelden | Margaret River Fraser Gallop 2009 (Cabernet Sauvignon und Merlot) Australien | 67.00 | 21.35 | 3,1 | 45.65 |
Bordeaux Château d'Aiguilhe 2006 (Graf von Neipperg) | 84.00 | 29.10 | 2,9 | 54.90 | |
Hotel Widder, Zürich | Chardonnay Cap Cette 2014 Pays d'Oc IPG Languedoc | 62.00 | 11.90 | 5,2 | 50,10 |
Château Phélan Ségur 2006 Cru Bourgeois Exceptionnel | 99.00 | 62.00 | 1,5 | 37.00 | |
Hotel Leuenhof, Schneisigen | Roero Arneis DOC La Villat 2014 | 52.00 | 13.90 | 3,7 | 38.10 |
Brunello di Montalcino DOCG, Castello Romitorio 2010 | 88.00 | 44.00 | 2,0 | 44.00 | |
Laudinella, St. Moritz | Pinot Grigio Terre di Ger 2014, Friaul | 39.00 | 8.35 | 4,7 | 30.65 |
Chorey Les Beaune 2007 Domaine Guyon, Pinot Noir Burgund | 65.00 | 35.00 | 1,9 | 30.00 |
«Espresso Aha!» zum Thema:
«Espresso Aha!»: Verfärbt schlechter Rotwein die Zähne stärker?
Dieses Phänomen kennen viele: Man trinkt ein Glas Rotwein und sieht dann aus wie ein Vampir. Die Zähne und Lippen sind blauviolett verfärbt. Woher kommt das? Diese Frage hat Peter Schmied aus Oberburg (BE) «Espresso Aha!» gestellt. Wunder nimmt ihn auch, ob das nur bei schlechten Weinen passiert.
Rotwein macht müde, Weisswein macht wach – Stimmt das?
Man sagt, Rot- und Weisswein wirken unterschiedlich auf den Körper. Georg Jahn will von «Espresso Aha!» wissen, ob es dafür einen Grund gibt. Oder ist alles nur erfunden? Was ist drin im Wein, was diese Wirkung auslösen könnte? Die Meinungen gehen auseinander.
Spielt die Grösse der Weinflasche eine Rolle?
Wein wird meistens in 0,75-Liter-Flaschen verkauft. Es gibt aber praktisch alle Grössen im Handel. Auch Magnum-Flaschen mit doppelt soviel Inhalt sind beliebt. «Espresso Aha!» fragt, in welchem Fall es Sinn macht, Wein in einer grossen oder kleinen Flasche zu kaufen.
Ist Wein geschüttelt ungeniessbar?
Auf zur Silvester-Party mit einer guten Flasche im Gepäck. Über Stock und Stein auf dem Velo-Gepäckträger oder im Rucksack auf der Wandertour durchgeschüttelt. Verzeiht der gute Tropfen das? «Espresso Aha!» sagt, welche Regeln es beim Transport von Rot- und Weisswein zu beachten gilt.