Vanessa Clénin vergass kürzlich ihren Computer im Zug von Zollikofen nach Biel. Sie bemerkte ihren Fauxpas gleich nach dem Aussteigen am Bahnhof, doch der Zug war schon weg. «Ich wusste genau in welchem Wagen und in welchem Abteil der Computer lag», sagt die SBB-Kundin.
Sie wandte sich deshalb an die Angestellten am SBB-Schalter und hoffte darauf, dass diese das Zugspersonal kontaktieren und dieses den Computer retten könne. Doch sie erfuhr, dass dies nur gegen Bezahlung von 50 Franken möglich sei.
Ärger über fehlende Hilfsbereitschaft
Weil Vanessa Clénin keine 50 Franken hatte, verwiesen sie die SBB-Angestellten ans Fundbüro, wo der Computer vielleicht gar nie ankommt. Vanessa Clénin ärgert sich über die mangelnde Hilfsbereitschaft am Schalter und über den Preis: «Ich finde 50 Franken völlig überrissen.»
Dem widerspricht Reto Schärli von der SBB-Medienstelle. Ein sogenannter Suchauftrag sei nämlich mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden: «Die Person, die am Schalter sitzt, weiss nicht, welcher Kondukteur im Zug unterwegs ist. Die Suchanfrage läuft über das Operations Center Personenverkehr», so Schärli.
«Grosser Suchaufwand»
Diese zentrale Stelle wiederum nimmt mit dem Zugpersonal Kontakt auf. Die Angestellten im Zug nehmen dann so rasch wie möglich die Suche nach dem verlorenen Gegenstand auf. Bei diesem grossen Aufwand seien die 50 Franken Gebühr auch gerechtfertigt, sagt der SBB-Sprecher.
Häufig sei die Suche auch erfolgreich. «Wir haben letztes Jahr 5500 Suchaufträge entgegengenommen. In 70 Prozent der Fälle wurden die Gegenstände gefunden», so SBB-Sprecher Schärli. Das heisst aber auch: Fast jeder dritte betroffene Passagier bezahlt eine Gebühr von 50 Franken, erhält jedoch den verlorenen Gegenstand nicht zurück.
Selbst das Finden kostet
Bei der SBB kostet nicht nur das Suchen, auch das Finden. Wird die SBB fündig, nimmt sie Koktakt mit dem Kunden auf, um eine Übergabe zu vereinbaren. Dabei verlangen sie eine Rückgabegebühr. Wer ein GA hat, bezahlt 5 Franken. Bei einem Halbtax sind es 10, ohne Abo gar 20 Franken.
Die Regionalbahnen sind dem SBB-Fundbüro angeschlossen, bieten jedoch keinen geregelten Such-Service. Aber man kann auf spontane Hilfe hoffen. Die Matterhorn-Gotthard-Bahn rät Kunden, die gerade etwas haben liegen lassen, das Rail Center zu kontaktieren, welches die Suche organisiert. Wenn der Gegenstand gefunden wird, ist der Service gratis. Das gleiche gilt für die BLS (siehe Tabelle unten).
Express-Suche: Die Bahnen im Vergleich
Bahn | Ablauf Such-Service | Kosten | Rückgabe-Gebühr |
---|---|---|---|
SBB | Suchauftrag telefonisch oder am Schalter. Für Fernverkehrszüge, die noch 30 Min. unterwegs sind oder bei Verlust an einem Bahnhof | Fr. 50.- pauschal | Fr. 5.- (mit GA) bis Fr. 20.- (ohne Abo) |
BLS | Meldung am Bahnschalter oder beim Kundendienst möglich (058 327 31 32). Gegenstände von gewissem Wert werden gesucht. Nicht möglich auf unbegleiteten S-Bahnen. | nein | nein |
Matterhorn Gotthard Bahn | Meldung am Bahnhof oder dem Rail Center (0848 642 442) möglich. Gefundene Gegenstände werden beim nächsten Bahnhof ausgeladen oder falls möglich mit dem nächsten Zug zurück transportiert. | nein | nein |
Appenzeller Bahnen | Spontane Hilfe durch Betriebszentrale möglich, wenn Kunden bei den Appenzeller Bahnen anrufen. | nein | Fr. 10.- bei wertvollen Gegenständen (Computer, Handy usw.) |
Südostbahn | Spontane Hilfe möglich. Bahnreisezentren organisieren Suche und Rücksendung. | Fr. 50.- pauschal | Fr. 5.- (mit GA) bis Fr. 20.- (ohne Abo) |
Rhätische Bahn | Suche meist nicht möglich. Viele Züge sind unbegleitet, viele Bahnhöfe nicht mit Personal besetzt. | **** | **** |
Wenn das alles nicht fruchtet, besteht zumindest die Hoffnung, dass der verlorene Gegenstand im Fundbüro landet. Pro Jahr sammeln sich im SBB-Fundbüro 100'000 Gegenstände an, von denen die Hälfte wieder abgeholt wird. Wer etwas im Zug verloren hat, kann online, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen gratis eine Suchmeldung aufgeben. Per Telefon oder am Schalter kostet diese Meldung 15 Franken. Die Verlustmeldung gilt für die SBB und auch für zwölf Regional-Bahnen.