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«In Notfällen verfügen Sie über weltweiten Versicherungsschutz für Krankheit und Unfall», verspricht die Krankenkasse Groupe Mutuel für ihr Produkt und auf der Police der Zusatzversicherung Mundo heisst es: «Weltweit unbesorgte Ferien für nur 5 Franken im Monat.» Das tönt gut, im Fall von Ueli S. haben sich die schönen Versprechungen jedoch nicht erfüllt. Der Berner Oberländer erlitt vor zwei Jahren einen Verschluss der Herzarterie. Er bekam zwei sogenannte Stents, also Stützgitter, eingesetzt. Damit war die Blutversorgung des Herzens wieder voll gewährleistet. Nach wenigen Tagen im Spital konnte er nach Hause.
Drei Ärzte gaben grünes Licht
Ueli S. stand kurz vor einer fünfwöchigen Reise mit seiner Familie durch Kanada. «Nach dem Eingriff war eine der ersten Frage an den behandelnden Arzt, ob einer Kanada-Reise jetzt etwas im Weg stehen würde», erzählt der 62-Jährige. «Der Arzt sagte: ‹Überhaupt nicht, gehen Sie in die Ferien!›» Die gleiche Auskunft bekam er von zwei weiteren Ärzten. Ueli S. wäre nicht verreist, wenn es medizinische Bedenken gegeben hätte. Doch er hatte Pech: Nach der ersten Ferienwoche verschloss sich die Arterie nochmals. Im Spital in Vancouver bekam er zwei weitere Stents und wurde nach 48 Stunden wieder entlassen. Danach konnte Ueli S. die Reise ohne weitere Probleme fortsetzen.
Teurer Spitalaufenthalt in Kanada
Kostenpunkt der Behandlung in Kanada: 24‘000 Franken. Die Hälfte zahlt die Grundversicherung. Der Rest müsste die Zusatzversicherung Mundo übernehmen, doch diese beruft sich auf ihre Ausschlussklausel: Nicht bezahlt werden Krankheiten, «die zum Zeitpunkt der Abreise ins Ausland bereits behandelt werden und noch nicht geheilt sind.»
«Die Behauptung, der Herzinfarkt sei nicht ausgeheilt gewesen, trifft aus kardiologischer Sicht nicht zu», sagt der behandelnde Herzspezialist Ulrich Ingold. Er kann das Verhalten von Groupe Mutuel nicht verstehen: «Die Akutbehandlung war abgeschlossen. Was nachher in Kanada passiert ist, konnte man nicht voraussehen.» Dem hält Groupe-Mutuel-Sprecher Yves Seydoux entgegen: «Auch wenn eine Behandlung ärztlich abgeschlossen ist, bedeutet das nicht, dass der Patient geheilt ist.»
Kasse kneift, obwohl sie zahlen müsste
Für den Experten für Gesundheitsrecht der Universität Bern, Christoph Zenger, ist dieser Fall klar: «Der Herzinfarkt in Kanada ist aufgrund der vorliegenden Unterlagen keine Folge des ersten Herzinfarkts, sondern ein neues Ereignis, für welches die Kasse zahlen muss.» Wenn Groupe Mutuel ihre Ausschlussklausel so breit auslegen wolle, dann würde ein Diabetiker mit der Versicherung nicht verreisen können, und auch eine schwangere Frau würde unter diese Klausel fallen.
Enttäuschter Groupe-Mutuel-Kunde
Das könne man nicht vergleichen, kontert Groupe Mutuel. Ein Herzinfarkt-Patient brauche Erholungszeit, der Versicherte sei zu früh verreist. Doch: Ueli S. hat nicht weniger als drei Arztzeugnisse, die bestätigen, dass seine Behandlung abgeschlossen und der zweite Herzinfarkt ein unvorhergesehenes Ereignis war. Ueli S. ist enttäuscht von Groupe Mutuel: «Wir zahlen Monat für Monat unsere Prämien und dann werden wir im Ernstfall so ‹abgeputzt›. Das macht mich sauer.»