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Umwelt und Verkehr Bummler statt Bernina-Express: Lockangebot oder Reisebüro-Fehler?

Mit dem Bernina-Express auf der «spektakulärsten Bahnstrecke» über die Alpen fahren, damit wirbt ein Reiseanbieter im Prospekt. Doch dann lässt er seine Kunden im normalen Regionalzug über den Pass bummeln. Verärgerte Kunden haben «Kassensturz» geschrieben.

Marianne Nyffenegger und ihr Partner freuten sich auf die Fahrt im Spezialzug Bernina-Express mit seinen grossen Panoramafenstern. Es sollte der Höhepunkt der dreitägigen Reise sein, die im Prospekt von Domo Reisen & Vertriebs AG angeboten wurde, Kostenpunkt 299 Franken pro Person.

Bernina Strecke gehört zum Unesco Weltwerbe

Die Strecke ist Teil des Unesco-Weltkulturerbes. Die rund vierstündige Bahnfahrt geht von Tirano über zwei Pässe, den Bernina- und den Albulapass. Endstation ist Chur.

Der Bernina-Express ist komfortabler ausgestattet als ein Regionalzug, Panoramafenster ermöglichen einen speziellen Blick auf die spektakuläre Aussicht, zudem gibt es bei diesem Zug spezielle Foto-Stopps für Touristen. Dafür zahlen die Passagiere einen Zuschlag von 14 Franken.

Am zweiten Tag fuhr also die Reisegruppe von Marianne Nyffenegger mit dem Car nach Tirano. Am Bahnhof standen zwei Panoramazüge und ein Regionalzug parat. Der Bahnhofvorsteher wies die Gruppe von Marianne Nyffenegger aber zum Regionalzug. Sie erkundigte sich, ob es auf den Panoramazügen denn keinen Platz mehr habe. Die Auskunft war, es habe auf beiden Spezialzügen mehr als 100 freie Plätze.

Regionalzug anstatt Panoramaexpress

Nicht zum ersten Mal Ärger:

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Marianne Nyffenegger fragte sich, weshalb sie dann mit dem Regionalzug reisen musste? Ein Anruf bei der Rhätischen Bahn (RhB) ergab: Das Reisebüro hatte – entgegen der Ankündigung im Prospekt – Plätze im Regionalzug reserviert. Das konnte Marianne Nyffenegger nicht nachvollziehen: Weshalb wirbt ein Reisebüro im Prospekt mit Bernina-Express und bucht die Passagiere dann auf den Regionalzug? Ihre Recherchen ergaben, dass auch die Reisegruppe, die ein paar Tage später mit Domo Reisen unterwegs war, im Regionalzug fuhr.

Marinne Nyffenegger schrieb dem Reisebüro einen Brief. Darin kritisierte sie das Angebot als Lockvogelangebot. Sie war nicht die einzige Kundin, die sich ärgerte. Sieben weitere Mitreisende unterzeichneten den Brief. Darin forderten sie Transparenz und dass der Prospekt geändert werden müsse. Marianne Nyffenegger sagt: «Es geht nicht ums Geld. Es geht um die Tatsache, dass viele die Reise wegen dem Zug buchten und dann nicht mit dem Bernina-Express fahren konnten.»

Die Rhätische Bahn erklärt, dass sie mit mehr als 3000 Reisebüros in der ganzen Welt zusammenarbeite. Es sei nicht möglich, alle zu kontrollieren. Aber: «Wenn wir erfahren, dass etwas nicht gut war und den Eindruck haben, das so nicht dem Reisebüro verkauft zu haben, dann intervenieren wir natürlich», erklärt RhB-Sprecherin, Yvonne Dünser.

Fehler bei der Planung

Domo Reisen räumt gegenüber «Kassensturz» ein, dass bei der Planung Fehler passiert seien. Das würden sie bedauern. Die Reise sei optimiert worden, deshalb sei auch die Abfahrtszeit verschoben worden. «Dabei wurde nicht beachtet, dass es sich bei der Abfahrt um 15:00 Uhr nicht um einen Bernina-Express, sondern um den Bernina-Regiozug handelt», schreibt Domo Reisen.

Das Reisebüro hält weiter fest, der Chauffeur habe den Kunden Nyffenegger vor Ort umgehend angeboten, sie auf den Bernina-Express umzubuchen, was diese aber überraschenderweise abgelehnt haben. Das stimme nicht, widerspricht Marianne Nyffenegger.

Zum Vorwurf Lockvogelangebot und ob das Reisebüro den Kunden den Zuschlag für den Panorama-Express von 14 Franken zurückerstattet, gab Domo Reisen keine Antwort.

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