Immer mehr Abschleppdienste patrouillieren durch die Strassen auf der Suche nach Parksündern, die sie dann für viel Geld abschleppen. Passiert ist dies den beiden Sportkollegen Claudia R. und Roman B.
Sie sassen eines Abends im Mai an der Bahnhofstrasse in Effretikon beim Italiener, als sie von einer freundlichen Anwohnerin gewarnt wurden. «Wir sollten umparkieren, sonst würden wir abgeschleppt», erinnert sich Roman B. «Wir haben unsere Autos sofort weggefahren.»
Trotzdem bekommen sie bald darauf dicke Post. Zwei Rechnungen über je 375.- Franken fürs Nicht-Abschleppen ihrer Fahrzeuge von einer Firma aus Kollbrunn namens «Falschparken».
Roman B. schickt einen eingeschriebenen Brief an das Unternehmen, in dem er den Rechnungsbetrag als «unverhältnismässig» kritisiert. Der Brief kommt ungeöffnet zurück, dafür schickt «Falschparken» eine Zahlungserinnerung und eine Betreibungsandrohung über 511.- Franken.
Auto abgeschleppt und beschädigt
Das Auto von Salvatore G. wurde am gleichen Ort in Effretikon abgeschleppt wie das der beiden Sportkollegen. Der Abschleppdienst brachte den Wagen zu einem ungesicherten öffentlichen Parkplatz. Er habe sofort gesehen, dass die Stossstange seines Wagens beschädigt sei, sagt der Autofahrer.
«Ich habe die Abschleppfirma darauf aufmerksam gemacht, dass sie mein Auto touchiert hat. Der Chauffeur sagte, er mache das seit 15 Jahren, er habe gar nichts gemacht. Dann fuhr er davon.» Nun sitzt G. auf einem Schaden von schätzungsweise 1300.- Franken und einer Rechnung fürs Abschleppen über 742.- Franken.
Der IT-Spezialist hat Strafanzeige wegen Nötigung eingereicht. Telefonnummer und Firmennamen standen auf seinem Wagen, er wäre schnell erreichbar gewesen und hätte umparkieren können.
Falschparker muss kontaktiert werden
Aus diesem Grund ist für «Kassensturz»-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner klar, man hätte Salvatore G. nicht abschleppen müssen: «Im Privatrecht gilt das Prinzip der Schadenminderungspflicht. Das bedeutet, ein Recht muss möglichst schonend ausgeübt werden. Wenn eine Telefonnummer auf dem Auto steht, dann ist dem Parkplatzbesitzer durchaus zuzumuten, dass er den Falschparkierer auffordert, den Wagen umzustellen.» Ansonsten sei die Rechtslage nicht ganz eindeutig.
Das Gesetz erlaube einem Parkplatzbesitzer, sich gegen Parksünder zu wehren. Über das Wie gehen die Meinungen der Juristen allerdings auseinander: Die einen vertreten die Meinung, man dürfe die Kosten für den Abschleppdienst nur dann überwälzen, wenn man seinen Parkplatz dringend brauche.
Die anderen sagen: Nein, Abschleppen dürfe man in jedem Fall, Falschparkieren müsse man sich nicht gefallen lassen. «Auf keinen Fall aber», so die Rechtsexpertin, «darf man überrissene Beträge fürs Abschleppen verlangen. Die Rechnung fürs Abschleppen muss korrekt und transparent ausgewiesen werden.»
IG gegen «Abschlepp-Abzocke»
Schlechte Erfahrungen mit einem Abschleppdienst hat auch die ehemalige Opfiker FDP-Gemeinderätin Nicole Lieberherr gemacht. Sie hat eine Interessengemeinschaft gegen die «Abschlepp-Abzocke» gegründet und kritisiert die zunehmend aggressiven Methoden der Branche: «Die Abschleppdienste patrouillieren, sie suchen regelrecht nach Parksündern und sind sofort zur Stelle.»
Die Abschleppfirmen gingen direkt auf Parkplatzbesitzer zu. «Sie bieten Parkplatzbesitzern 50 bis 150 Franken Provision für jedes Auto, das sie abschleppen und sagen, sie würden sich um alles kümmern.» Nicole Lieberherr kritisiert: «Es ist egal, ob der Falschparkierer jemanden stört oder nicht. Hier geht es nur ums Geld.»
Keine Einigung bei der Friedensrichterin
Claudia R. muss wegen der unbezahlten Rechnung der Firma Falschparken diese Woche vor den Friedensrichter. Roman B. war gestern an der ersten Friedensrichterverhandlung seines Lebens. Zwischen ihm und der Firma Falschparken kam es zu keiner Einigung. «Ich bin guten Mutes, dass wir eigentlich im Recht sind. Auch die Friedensrichterin fand, man müsse den Fall auf seine Verhältnismässigkeit hin anschauen.»
Strafanzeigen wegen Nötigung
Gegen die Firma Falschparken laufen vier Strafanzeigen wegen Nötigung. Laut der Zürcher Staatsanwaltschaft See Oberland sind weitere Strafanzeigen angekündigt. Die Ermittlungen stünden aber erst am Anfang. Für Daniel Kägi von Falschparken gilt die Unschuldsvermutung.