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Umwelt und Verkehr Glyphosat: Die Branche reagiert schneller als der Bund

Coop hat per sofort Unkrautvertilger mit dem umstrittenen Stoff Glyphosat aus dem Sortiment genommen. Dies, nachdem ein WHO-Bericht zum Schluss kam, der Stoff sei wahrscheinlich krebserregend. Auch Migros verbannt Glyphosat ab nächster Woche. Der Bund wartet noch auf den Bericht der WHO.

Glyphosat wird in der Schweiz seit rund 40 Jahren eingesetzt, vor allem in der Landwirtschaft, aber auch für den heimischen Garten. Glyphosat galt lange Zeit als unbedenklich, dies haben auch diverse Studien weltweit gezeigt.

Nun ist diesen Frühling eine Expertengruppe der Weltgesundheitsorganisation zu einem anderen Schluss gekommen: Glyphosat sei wahrscheinlich krebserregend.

Migros zieht nach Coop-Entscheid nach

Die Grossverteiler haben nun reagiert. Coop hat die acht verbleibenden Produkte mit Glyphosat per sofort aus dem Sortiment genommen.

Ein Sprecher erklärt auf Anfrage, Coop habe nicht auf ein definitives Verdikt der Forscher warten wollen und habe darum im Sinne der Konsumenten sofort gehandelt. Man habe Alternativen im Sortiment und suche aktuell nach weiteren Produkten ohne Glyphosat.

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Konkurrentin Migros hatte im Vorfeld angetönt, ab 2016 ebenfalls ganz auf Glyphosat verzichten zu wollen. Nach der Ankündigung von Coop ging es nun jedoch schneller: Sprecherin Christine Gaillet bestätigt gegenüber dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1, ab nächstem Dienstag würden keine Herbizide mit Glyphosat mehr verkauft. Mit den Produkten der Eigenmarke habe man bereits eine Alternative.

Glyphosat verschwindet wohl überall aus den Regalen

Auch die Landi hat bereits eine eigene Linie von Unkrautvertilgern ohne Glyphosat im Sortiment. Vorderhand verkaufe man jedoch auch weiterhin Produkte mit dem umstrittenen Stoff. Dieser sei jedoch stark verdünnt, betont Sprecher Simon Gfeller.

Das Ziel sei jedoch auch bei der Landi, komplett auf Glyphosat zu verzichten. Mit dem Entscheid der Grossverteiler komme der Handel kaum darum herum, dies schnell umzusetzen, sagt Simon Gfeller hinter vorgehaltener Hand.

Fakt ist: Glyphosat ist in der Schweiz nach wie vor erlaubt. Und das bleibt auch noch eine ganze Weile so. Laut Eva Reinhard vom Bundesamt für Landwirtschaft BLW seien die Studien bekannt, auf die sich die Expertengruppe der WHO in ihrer neuesten Einschätzung beziehe: «Noch nie ist auf der Basis dieser Studien beschlossen worden, dass Glyphosat als krebserregend einzuschätzen sei.»

Man warte nun den Schlussbericht ab. Dieser werde zeigen, ob man die Studien bisher einfach falsch interpretiert habe.

Schlussbericht der WHO soll Klarheit bringen

Glyphosat

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Glyphosat ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Phosphonate. Es ist eine biologisch wirksame Hauptkomponente einiger Breitbandherbizide und wird seit der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre in der konventionellen Landwirtschaft weltweit sowohl zur Unkrautbekämpfung als auch zur Beschleunigung der Erntereife von Nutzpflanzen eingesetzt

Entscheiden über ein Glyphosat-Verbot wird das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. Auf Anfrage von «Espresso» rechnet man dort damit, dass der Schlussbericht im Herbst 2015 vorliegen wird. Dann werden die Experten der Bundesämter gemeinsam über die Bücher gehen und entscheiden, ob Massnahmen ergriffen werden müssen.

Laut Eva Reinhard vom BLW wird Glyphosat in der Schweiz schon jetzt zurückhaltender eingesetzt als in anderen Ländern. So ist in der Schweiz zum Beispiel der Einsatz auf reifen Ernteprodukten verboten. Kaum eine Frucht oder ein Gemüse komme so je mit Glyphosat in Kontakt. Aber auch bei ausländischen Produkten, beruhigt Eva Reinhard.

Diese würden kontinuierlich auf Rückstände kontrolliert. Nach jetzigem Stand seien die Grenzwerte so angelegt, dass Früchte und Gemüse sicher seien.

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