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Umwelt und Verkehr Keine Haftung: Stromanbieter stehlen sich aus der Verantwortung

Ein Knall – und der Computer ist kaputt. Ursache kann ein Gewitter sein, aber auch technische Pannen oder Fehler beim Stromanbieter führen zu Schäden. Die Stromanbieter verstecken sich in solchen Fällen hinter den allgemeinen Geschäftsbedingungen: Hier wird jede Haftung ausgeschlossen.

Die Familie Widmer aus dem solothurnischen Steinhof hat einen Bauernbetrieb mit einem Melkstand für die Milchkühe. Eines Abends im Mai machte der Melkstand keinen Wank mehr. Der Techniker des Herstellers hat den Fehler schnell gefunden: Die Platine des Melkstands war kaputt gegangen – wegen einer Überspannung. Die Ursache: Ein Defekt an einem Transformator des Stromanbieters Onyx Energie Mitteland.

Haftung für Schäden ist ausgeschlossen

Wegen dieses Defekts ging auch die Festplatte eines Computers der Familie Widmer kaputt. Auch hier bestätigten Spezialisten: Ursache war die Panne bei Onyx. Gesamtschaden für die Familie Widmer: Weit über 1000 Franken. Da die Schuld eindeutig beim Stromanbieter zu suchen war, kontaktierten Widmers Onyx. Hier blockten die Verantwortlichen jedoch ab und rieten, die Versicherung zu kontaktieren. Diese schliesst Stromschäden jedoch aus.

Die Familie bleibt nun auf dem Schaden sitzen, obwohl er erwiesenermassen wegen eines Defekts beim Stromanbieter entstanden ist. Der Netzverantwortliche von Onyx, Markus Howald: «Wir haben ab und zu solche Fälle. Wir lehnen die Haftung ab, dies ist in unseren allgemeinen Geschäftsbedingungen festgehalten und ist branchenüblich.»

Tatsächlich: Das Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 schaut sich stichprobemässig die allgemeinen Geschäftsbedingungen von dutzenden Stromanbietern durch. Alle schliessen jede Haftung für Folgeschäden aus, ausser, es liege «grobfährlässiges oder absichtlich fehlerhaftes Verhalten» vor.

«Der Kunde muss sich selber schützen, wenn er auf Geräte mit heiklen Vorgängen angewiesen ist», erklärt Markus Howald von Onyx. Das heisst z.B. durch einen Überspannungsschutz, durch Ausstecken bei Nichtgebrauch oder durch eine entsprechende Versicherung.

Das Produktehaftpflichtgesetz ist zwingend, aber ...

«Ausser bei grober Fahrlässigkeit oder bei einer absichtlichen Schädigung ist es rechtlich zulässig, die Haftung in so genannten Allgemeinen Geschäftsbestimmungen auszuliessen», sagt «Espresso»-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner. Allerdings hafte ein Hersteller unter Umständen nach dem Produktehaftpflichtgesetz, wenn er ein mangelhaftes Produkt in Umlauf setze. Strom gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes ausdrücklich als solches Produkt.

«Das Produktehaftpflichtgesetz ist zwingend, kann also nicht durch einen Vertrag wegbedungen werden», sagt Gabriela Baumgartner. Dennoch hat die Sache einen Haken: Das Gesetz sieht einen Selbstbehalt von 900 Franken vor. Widmers müssten also wegen rund tausend Franken einen Prozess anstrengen. Ein Aufwand, der sich kaum lohnt.

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