«Myclimate» ist einer der grössten Schweiz Anbieter von freiwilligen Kompensationsmassnahmen. Für die Kompensation eines Retour-Fluges nach Kanada (Zürich-Vancouver, Economy) verlangt «Myclimate» 90 Franken.
Von diesem Betrag fliessen bis zu 20 Prozent in die Organisation, der Rest in konkrete Klimaschutzprojekte.
«Myclimate» Geschäftsführer René Estermann illustriert die konkrete Kompensation am Beispiel eines Biogas-Projekts in Indien: «Weil die lokale Bevölkerung neu mit Biogas kocht, muss sie weniger Bäume abholzen. Auf diese Weise lässt sich ein Beitrag für den Klimaschutz realisieren.»
Der konkrete Beitrag entspricht dem Klimaschaden, den der oben erwähnte Langstreckenflug verursacht.
Geld gegen Leistung
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Dabei sind die Kontrollen vor Ort entscheidend. Die Treibhausgase können nur kompensiert werden, wenn die effizienten Gasöfen von der lokalen Bevölkerung auch tatsächlich über lange Zeit gebraucht werden.
Die Kontrollaufgaben übernehmen externe Firmen wie beispielsweise TÜV mit Stichproben. Bei Unregelmässigkeiten drohen Kürzungen für die Projektpartner, betont René Estermann vom «Myclimate»: «Wir zahlen nur gegen Leistung - gegen geprüfte Leistung.»
Erst kompensieren – dann noch mehr fliegen
Es gibt jedoch auch Kritiker des Kompensationsgeschäftes. Regula Keller von «ESU-Services» gehört dazu. Die Umweltnaturwissenschaftlerin ist auf die Berechnung von Klima- und Ökobilanzen spezialisiert.
Das Geschäft mit den Klimakompensationen beobachtet sie genau: «Wenn ich weiss, dass ich alles kompensieren kann, fliege ich vielleicht mehr als vorher.»
«Myclimate» Geschäftsführer René Estermann kennt diese Befürchtungen und erwähnt als Gegenargument die Abfallgebühren: «Mit den Gebühren hat sich die Abfallmenge deutlich reduziert, ähnlich ist es beim Fliegen.»
Die Kompensationszahlungen führen zu mehr Klimaschutz, behauptet René Estermann.
Kompensieren heisst nicht reduzieren
«Das Kompensationsvolumen und die Anzahl kompensierter Reisen von Privaten nimmt jährlich zu», erklärt «Myclimate» auf Anfrage von «Espresso».
Da aber Schweizer so viel fliegen wie noch nie, kann sich WWF Klimaexperte Patrik Hofstetter nicht so recht über diese Zahlen freuen: «Gemessen am Gesamtvolumen machen die kompensierten Flüge nur einen Bruchteil aus.»
Und mit einer Kompensation sei dem Klima noch nicht geholfen, betont Patrik Hofstetter: «Das Ziel müsste in der heutigen Situation eine weltweite Reduktion der Treibhausgase sein, nicht bloss eine Kompensation.»
Das freiwillige Kompensieren kommt für den WWF deshalb erst dann zum Zug, wenn Konsumenten und Firmen alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, ihre Treibhausgasemissionen zu vermeiden oder zu verringern.