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10.03.15: Bschiss beim Benzinverbrauch: So schummeln Autohersteller
Aus Kassensturz vom 10.03.2015.
abspielen. Laufzeit 18 Minuten 17 Sekunden.

Umwelt und Verkehr Sprit-Verbrauch: Diese Automarken schummeln am meisten

Autokäufer müssen aufpassen: Neuwagen schlucken im Alltag mehr, als als die Hersteller angeben. Die Kluft zwischen Werksangaben und Realität wird immer grösser, das zeigen neue Tests. «Kassensturz» sagt, wie viel die Autos tatsächlich verbrauchen und welche Marken am meisten schummeln.

Diese Werksangaben der Hersteller sind reine Laborwerte. Die Hersteller messen den Vebrauch nach einer Norm nur im Prüfstand. Das demonstriert die EMPA der Sendung «Kassensturz». Denn keiner der angefragten Autokonzerne wollte «Kassensturz» zeigen, wie ihre Werte zu Stande kommen.

Die EMPA in Dübendorf ist spezialisiert auf Messungen nach demselben Prozedere, wie sie auch die Autohersteller machen müssen bevor sie ein neues Modell auf den Markt bringen.

Getestete Fahrzeuge sind zu leicht

Die Unterschiede zwischen Labor und Praxis sind offensichtlich, zum Beispiel das Fahrzeuggewicht: «Das Fahrzeuggewicht gilt in der Regel für die leichteste Modellvariante. Aber Autokäufer wählen oft schwere Ausführungen mit Zusatzausstattung wie Dachträger, speziellen Felgen und weiterem gewichtigem Zubehör», erklärt Thomas Bütler von der EMPA.

Gemäss Berechnung der EMPA bedeutet ein Mehrgewicht von 100 kg einen Mehrverbrauch an Sprit von 8 Prozent.

Testszenario – fern der Realität

Auch der Testzyklus auf der Rolle, hat mit der Realität auf der Strasse nicht viel zu tun. Die Liste der Beispiele ist lang:

  • Der Norm-Zyklus wird ohne Licht gefahren
  • Klimaanlage, Heizung und Lüftung sind aus.
  • Energieverbraucher wie Bordcomputer und Radio sind abgestellt
  • Der Fahrzyklus ist nicht realistisch: Der EU-Fahrzyklus dauert knapp 20 Minuten. Ein Monitor gibt dem Prüfer genau vor, wie schnell er fahren muss und in welchem Gang. «Das Auto steht oft still. In der Realität fährt man dynamischer und ist mit höheren Geschwindigkeiten unterwegs. In der Praxis hat man auch mehr Staufahrten als im Normzyklus», sagt der EMPA-Experte.

Je nach Automarke unterschiedlicher Mehrverbrauch

Säulendiagramm
Legende: Die Automarken schummeln unterschiedlich: Durchschnittlicher Mehrverbrauch nach Marke. SRF

Die Verbrauchsabweichung variert je nach Automarke. Das zeigt eine Studie der internationalen Forschungsorganisation ICCT. ICCT hat die realen Verbrauchswerte von rund 540’00 Autos mit den theoretischen Laborwerten verglichen. Auffallend: Allein zwischen 2007 und 2013 hat sich die Diskrepanz verdoppelt.

Jedes Jahr grössere Unterschiede

Auch der TCS misst den Treibstoff-Verbrauch nicht nur im Prüfstand sondern auch in der Praxis. Bei jährlich rund 20 neuen Fahrzeug-Modellen erfassen mehrere TCS-Experten auf 3000 km den Spritverbrauch.

«Die Norm wird von den Herstellern enorm ausgenützt, die angegebenen Werte sind auf der Strasse praktisch nicht mehr zu erreichen», sagt Herbert Meier vom TCS im «Kassensturz».

Steigende Diagrammkurve
Legende: Geschönte Verbrauchszahlen Unterschied zwischen Werksangabe und Praxis: Die Zahlen des TCS zeigen, dass die Kluft immer grösser wird. SRF

Das Flunkern der Hersteller mit den Verbrauchszahlen hat in den letzten Jahren zugenommen, hat die Untersuchung des TCS ergeben.

Während vor sieben Jahren jeder Neuwagen im Durchschnitt 0,7 Liter mehr Treibstoff benötigte, sind es im Jahr 2015 schon 1,5 Liter durchschnittlich auf hundert Kilometer.

Als grösster Schummler erwies sich von den getesteten Modellen (Liste siehe unten) der Mini Cooper 1,5D. Gemäss Katalog braucht er 3,6 Liter auf 100 Kilometer. Im TCS-Praxistest jedoch 5,3 Liter.

«Kassensturz» macht den Praxistest

Benzin-Spartipps

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Sparsames Autofahren lässt sich perfektionieren: Hypermiler kämpfen um jeden Tropfen Treibstoff. Zum Artikel

Moderator Ueli Schmezer macht ausserdem den Praxistest: Mit zwei Fahrzeugen ist er mehrere hundert Kilometer durch die Schweiz gefahren und misst den tatsächlichen Verbrauch im Vergleich zu den Angaben der Autohersteller in den Verkaufsprospekten. Am Autosalon in Genf konfrontiert «Kassensturz» den Vertreter der Autobranche mit den Ergebnissen.

Den Praxistest macht «Kassensturz» zwei Fahrzeuge: Ein Mini Cooper Diesel und den Mitsubishi SUV «Outlander» mit einem Benzin- und Elektromotor (Plug-In Hybrid).

Mini Cooper: Laut Herstellerangaben sollte der Mini Cooper 3,5 Liter Diesel pro 100 Kilometer verbrauchen. Doch der Kassensturz Praxistest zeigt ein anderes Bild. Der Motor schluckte auf der Teststrecke 5,2 Liter pro 100 Kilometer. Das sind 48 Prozent mehr als der Hersteller verspricht.

Mitsubishi Outlander Plug-In Hybrid: Gemäss Werksangabe braucht dieser Hybrid SUV 1,9 Liter auf 100 Kilometer. Dieser Wert setzt voraus, dass das Fahrzeug immer wieder mit Strom aufgeladen werden muss. Für weite Strecken gibt der Hersteller Mitsubishi einen zweiten Wert an: 5,8 Liter pro 100 Kilometer.

Bereits nach gut 20 Kilometern, in Wohlhusen, ist die Batterie leer. Von da an fährt «Kassensturz» mit Benzin. Die Route führt per Hauptstrasse durchs Entlebuch nach Bern und auf der Autobahn via Murten, Lausanne nach Genf. Auch da liegen der effektive Verbrauch und die Werksangabe weit auseinander. Der «Kassensturz»-Praxistest ergibt beim Hybrid von Mitsubishi: 7,7 Liter pro 100 Kilometer.

Das sagt die Branche: Norm an Realität anpassen

Der kleine Autobahn-Knigge:

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Der Direktor von Auto Schweiz, Anderas Burgener gibt zu: «Der gemessene Normverbrauch der Automobilhersteller entspricht nicht mehr der heutigen Realität, betreffend Verkehrsaufkommen und Technologie. Und deshalb wollen diesen Wert wir in Zukunft mehr der Realität anpassen.» Dennoch seien die jetztigen Werksangaben ein Wert, um die Autos untereinander vergleichen zu können.

Zum Umstand, dass der Plug-in-Hybrid «Outlander» im Praxisverbrauch 7,7 Liter verbraucht hat, schreibt Mitsubishi: Je länger das Fahrzeug im Elektromodus fahre, desto tiefer sei der durchchnittliche Benzinverbrauch. Das heisst: Der Akku muss an der Steckdose regelmässig aufgeladen werden. Und um die neue Motorentechnik optimal zu nutzen, bedürfe es einer Schulung des Fahrers.

Auch die Marke MINI, die zu BMW gehört schreibt Kassensturz, dass die aktuell gültige Neue Europäische Fahrzyklus NEFZ sei nie dafür gedacht gewesen, den Alltagsverbrauch der Fahrzeuge zu ermitteln. Die Hersteller müssen sich aber an diese gesetzliche Norm halten. Der Alltagsverbrauch des einzelnen Kunden bleibt unabhängig davon weiterhin den unterschiedlichen topographischen, klimatischen und persönlichen fahrtechnischen Bedingungen unterworfen.

Treibstoff-Verbrauch der TCS-Testfahrzeuge

MarkeModellBenzin/ Diesel Modell-JahrDeklariertGemessen
Differenz
VWGolf 2.0 TDI DSG HighlineD20134.55.51.0
RenaultClio Tce 90 DynamiqueB20134.56.01.5
FordB-Max 1.0 SCTi Titanium SSTB20134.96.31.4
CadillacATS 2.0T Premium RWDB20138.210.11.9
VWBeetle 1.4 TSI CabrioletB20136.87.00.2
SubaruForester 2.0 D LuxuryD20135.96.30.4
Peugeot2008 1.6 e-Hdi AllureD20134.05.01.0
SkodaOctavia Kombi 1.4 TSI AmbitionB20135.35.70.4
CitroënC4 Picasso 1.6 THP 155 ExclusiveB20136.07.11.1
FordKuga 2.0 TDCI Aut.D20136.27.61.4
OpelADAM 1.4 GLAMB20135.16.51.4
ToyotaAuris Touring Sports HybridB20134.05.01.0
KiaCarens 1.7 CRDi StyleD20134.86.01.2
SuzukiSX4 S-Cross 1.6 TDI GL TopD20134.45.61.2
BMW420d Aut. CabrioletD20144.86.51.7
NissanNote 1.5 dCi TeknaD20143.65.11.5
Peugeot308 1.6 THP FélineB20145.87.21.4
Mazda3, 2.0 Skyactiv G 120 RevolutionB20145.16.91.8
SeatLeon ST 1.4 TSI FRB20145.36.51.2
NissanQashqai 1.6 dCi 4x4 teknaD20144.96.51.6
FordEco Sport 1.0 SCTi TitaniumB20145.36.71.4
CitroenC4 Cactus Blue Hdi Shine EditionD20143.44.81.4
MercedesC180 TB20145.87.82.0
ToyotaAygo 1.0 X-PlayB20144.15.11.0
Hyundaii10 1.2 PremiumB20144.96.11.2
MiniCooper 1.5DD20143.65.31.7
RenaultTwingo 1.0 IntenseB20144.25.91.7
OpelCorsa 1.0 TB20145.06.71.7

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