Am Morgen mit dem Fernbus von Zürich nach München. Und gleich wieder zurück mit der Bahn. Das ist meine Aufgabe. Und so steige ich um 7.30 Uhr in diesen auffällig hellgrünen Doppelstockbus des Bus-Discounters «MeinFernbus» auf dem Zürcher Bus-Parkplatz. Das Ticket für 15 Euro habe ich im Internet gebucht.
Es ist genug Platz da, der moderne Reisecar ist nur knapp zur Hälfte gefüllt.
Ovido Fostina, der freundliche Chauffeur, stellt sich über Lautsprecher vor. Er bittet darum, ihn der Einfachheit halber nur Ovi zu nennen («Ovi wie Ovomaltine, das können Sie sich gut merken.»).
Ovi weist auf die Gurtentragpflicht hin und erklärt den Selbstbedienungs-Kühlschrank, ein Getränk kostet 1.50 Euro. Ausserdem weist er auf den Gratis-Internetzugang hin. Allerdings funktioniert dieser nicht. Der Bus sei so neu, dass man noch nicht dazu gekommen sei, das W-Lan einzurichten, erklärt man uns. Die Sitze sind recht bequem, die Sitzabstände eher klein.
Zum Zahnarzt, Vergnügen oder Geschäftstermin
Einige Passagiere reisen zum ersten Mal mit «MeinFernbus». Zum Beispiel die Frau um die Fünfzig aus der Zentralschweiz: «Ich habe Zahnschmerzen und reise zu meinem Bruder, der Zahnarzt ist. Normalerweise nehme ich den Zug, doch jetzt probiere ich diesen Fernbus aus.»
Schliesslich, sagt die Frau noch, sei eine Eisenbahnreise von Zürich nach München extrem mühselig. Häufig müsse sie umsteigen und zwischen vier und fünf Stunden einkalkulieren. Im Bus dauert die Reise nur rund drei Stunden und 45 Minuten, verspricht Chauffeur Fostina.
Einige Touristen und Ausflügler haben sich auch im Fernbus eingerichtet, klar erkennbar an ihren farbigen Rucksäcken und den Koffern, die Angestellte vor der Fahrt im Bauch des Busses verstaut haben.
Auch Geschäftsmann Chris Bücker reist zum ersten Mal mit dem Fernbus. Er fliege sonst meist zu seinen Terminen in Europa, erklärt der Berater in der Detailhandels-Branche. «Die Flugverbindungen von Zürich nach München sind sehr teuer, deshalb probiere ich jetzt den Bus aus.»
Bückers Versuch, im Bus zu arbeiten, scheitert am viel zu kleinen Klapptischchen an der Rückenlehne des Vordersitzes. Das sei aber nicht so schlimm, sagt er. Und döst ein.
Die Bahn rüstet auf
Seit der Fernverkehr in Deutschland liberalisiert wurde, buhlen immer mehr Fernbus-Discount-Unternehmen um die Gunst der Passagiere. Der Markt boomt, die Preise purzeln. In der Schweiz haben Bahnen und Postauto zwar noch das Monopol für den öffentlichen Verkehr, doch als Hub für Reisen ins Ausland ist die Schweiz für Deutsche Anbieter attraktiv.
Mit über vier Stunden Reisezeit für die Strecke Zürich-München hinkt die Bahn der Konkurrenz hinterher. Das liegt an der völlig veralteten Eisenbahnstrecke. Den Zugskompositionen müssen in Lindau Dieselloks angehängt werden, weil die Strecke noch immer nicht elektrifiziert ist.
Das soll sich ab 2020 ändern. Eine Bahnreise nach München dauert dann nur noch dreieinhalb Stunden. Doch die Bahn hat nicht nur ein Problem mit der Reisezeit, sondern auch mit dem Preis. Das Bahnbillett kostet 97 Franken, im Internet findet man auch Spartickets für 61 Franken, doch das ist immer noch deutlich teurer als die 15 Euro für den Bus (18.60 Franken).
Nach 3 Stunden und 37 Minuten erreicht der Fernbus den Busbahnhof in München. Er hat die Ankunftszeit um acht Minuten unterboten. Es kann natürlich auch umgekehrt sein, gibt Chauffeur Fostina zu. Nach einer Pause in der Buszentrale fährt er am Abend nach Zürich zurück. Ein paar Minuten später stehe ich im Hauptbahnhof.
Mit der Bahn zurück
12.33 Uhr fährt der Eurocity zurück nach Zürich. Die Sitze sind gleich bequem wie im Fernbus. Die Rückenlehne ist ebenfalls verstellbar. Die Plätze sind besser besetzt. Ein Berufspendler aus Bregenz sagt, er habe schon von diesen Fernbussen gehört. Der Umweg nach Zürich lohne sich aber trotzdem nicht. Was er nicht weiss ist, dass es bereits Fernbus-Linien von Lindau - unweit von Bregenz- nach München gibt.
Fazit: Wer gerne günstig und schnell von Zürich nach München reist, ist mit dem Fernbus besser bedient. Dafür ist trotz längerer Reisezeit das Risiko von Verspätungen bei der Bahn kleiner. Denn der Fernbus kann im Stau auf der Autobahn steckenbleiben.