«Marktfrisch» seien die Trauben, hiess es in der Migros-Filiale in Wetzikon (ZH). 500 Gramm der Früchte kosteten 3.90 Franken. Eine Kundin wunderte sich: «Marktfrische Trauben im April?» Bei genauerem Hinschauen entdeckte sie, dass es sich um Trauben aus Indien handelt. «Das ist der Gipfel der Dekadenz», sagt sie zum Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1.
In vier Wochen mit dem Schiff nach Europa
Tatsächlich sind die Trauben alles andere als marktfrisch: Sie «gelangen innerhalb von rund vier Wochen per Schiff von Indien nach Europa», teilt Migros auf Anfrage mit. Durch den Transport im Kühlcontainer behielten die Früchte ihre Frische.
Migros verwendet die Bezeichnung «Marktfrisch» noch für weiteres Obst und für Gemüse in der Frischauslage. Etwa für exotische Früchte oder jüngst auch für Spargeln aus Peru. Dass der Zusatz «Markt» eine Art Regionalität vermittelt, sieht Migros anders: «Marktfrisch zielt auf die Frische von Früchten und Gemüse, die auch beim Import gewährleistet ist.» Der Begriff sei angelehnt an den Verkauf auf dem Markt. Allerdings sagt Migros auch, «wir können nachvollziehen, wenn der Begriff Fragen aufwirft».
Marktfahrer ärgern sich
Dass sich Migros den Begriff «Marktfrisch» derart zurechtbiegt, ärgert jene Schweizer Obst- und Gemüseproduzenten, die ihre Produkte tatsächlich frisch auf dem Markt verkaufen. Das bestätigt etwa Ruedi Brugger, Präsident der Marktfahrer-Vereinigung Winterthur. Dagegen etwas unternehmen könne man aber natürlich nicht, da es sich nicht um einen geschützten Begriff handle.
Und so betonen die Marktfahrer einfach immer wieder, dass die Produkte bei ihnen tatsächlich marktfrisch seien: In der Regel vom Vortag, sagt Ruedi Brugger, sofern es sich nicht beispielsweise um gut lagerfähiges Wurzelgemüse handle.