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Blitz-Einschlag ist für Versicherung «kein Unfall»
Aus Espresso vom 14.08.2015.
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Versicherungen Blitz-Einschlag ist für Versicherung «kein Unfall»

Vor ziemlich genau einem Jahr schlug keinen halben Meter neben einer «Espresso»-Hörerin ein Blitz ein. Sie erlitt einen Gehörschaden und einen Schock. Als sie den Fall der Unfallversicherung meldete, lehnte diese den Fall mit der Begründung ab, der Blitzeinschlag sei kein Unfall.

Die 44-jährige Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern sass am Abend des 10. August 2014 auf ihrem Balkon und trank einen Tee. An diesem Abend gewitterte es in der Ferne.

Plötzlich hörte sie einen lauten Knall und es wurde taghell: «Es fühlte sich an, also ob mir jemand mit einer Pistole ins Ohr geschossen hätte. Ich hatte sofort starke Kopfschmerzen. Dann stank es nach verbranntem Eisen.» In der Wohnung war es dunkel, weil die Sicherungen herausgesprungen waren.

Tinnitus wegen des Knalls

Beduselt, mit starken Kopfschmerzen und einem Pfeifen im Ohr ging sie schliesslich ins Bett. Am anderen Morgen merkte die 44-Jährige, dass etwas nicht stimmt: «Ich stand wie neben den Schuhen. Ich vertrug die Helligkeit nicht und die Kinder waren mir viel zu laut.» Die Nachbarin erzählte ihr, dass sie gesehen habe, wie bei ihrem Balkon ein Blitz eingeschlagen habe.

Die Hausärztin checkte sie von Kopf bis Fuss durch: «Weil mein Herz so stark raste, kontrollierte sie, ob ich Herzrhythmus-Störungen hatte. Das zwar zum Glück nicht der Fall.» Durch den lauten Knall hatte sie aber einen Schock und ein Hörtrauma mit Tinnitus erlitten.

«Blitz und Donner ist nichts Aussergewöhnliches»

Die Handarbeitslehrerin meldete den Vorfall der Unfallversicherung ihrer Schule. Sie staunte nicht schlecht, als sie einige Wochen später das Schreiben der Versicherungsgesellschaft «Elips Life» erhielt: Diese lehnte den Fall ab - mit einer abenteuerlichen Begründung: «Bedingung für einen Unfall ist die Ungewöhnlichkeit des äusseren Faktors. Ein Gewitter mit Blitz und Donner stellt nichts Aussergewöhnliches dar. Aus diesem Grund können wir für das Ereignis vom 10. August keine Leistung erbringen.»

Über diese Begründung kann Martin Lorenzon, Ombudsman der Privatversicherer nur den Kopf schütteln: «Ein Gewitter an sich ist schon nichts ungewöhnliches. Dass aber ein Blitz neben einem auf dem Balkon einschlägt, ist aus meiner Sicht sehr aussergewöhnlich.»

Unfall nur wenn Person getroffen

«Elips Life» schreibt auf Anfrage von Espresso: «Wird eine Person von einem Blitz direkt getroffen, so stellt das selbstverständlich ein ungewöhnlicher äusserer Faktor dar und würde den Unfallbegriff erfüllen. Wird eine Person nicht direkt getroffen, ist es komplizierter. So kann ein Lärmtrauma in direkten Zusammenhang mit einem Blitzeinschlag stehen, denkbar ist auch, dass ein in der Nähe einschlagender Blitz ein Schock auslöst.»

Die «Elipse Life» behauptet, dass die Rechtssprechung für diese Fälle relativ strenge Anforderungen definiert habe. Diese wären im konkreten Fall zu prüfen.

Die 44-jährige Mutter sitzt auf Arztrechnungen von mehreren tausend Franken. Wenn diese nicht die Unfallversicherung übernimmt, sondern die Krankenkasse, dann muss sie neben der Franchise auch den Selbstbehalt selber berappen. Die Frau hat jedoch keine Lust, sich mit der «Elips Life» weiter herumzuärgern. Sie hat den Fall ihrer Rechtsschutzversicherung übergegeben.

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