Zum Inhalt springen

Versicherungen Deutschland schützt besser vor Telefonwerbung

Wenn die Werbung am Draht ist, wird es schnell ungemütlich und lästig. Dubiose Callcenter, Broker und Krankenkassen-Makler wenden häufig illegale Tricks an und ärgern damit Konsumenten. «Espresso» zeigt: Im Ausland werden die Konsumenten vom Gesetz viel besser geschützt.

Audio
Deutschland schützt besser vor Telefonwerbung
aus Espresso vom 26.05.2015. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 52 Sekunden.

Deutschland hat einen eigenen Begriff für unerwünschte telefonische Werbung: «Kalt-Aquise». Und Deutschland gilt innerhalb der EU als Musterknabe in Sachen Verbraucherschutz. Häufig gehen die Gesetze und Vorschriften noch über das Mass der Europäischen Union hinaus.

Seit 2008 werden die Spielregeln für Callcenter laufend verschärft. Damit konnte das Problem der unerlaubten Anrufe längst nicht eliminiert werden. Die Zahl nahm aber deutlich ab. Ilja Braun von der Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin: «Seit 2008 steht im Gesetz gegen unlautere Telefonwerbung, dass bei Werbeanrufen die Rufnummer immer angezeigt werden muss. Das hat schon viel gebracht, weil man als Konsument weniger in Versuchung kommt, zurückzurufen.»

Das sogenannte «Anti Abzocker-Gesetz» (Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken) sorgte in Deutschland 2013 dafür, dass telefonische Gewinnspiel-Verträge schriftlich bestätigt werden müssen. Ausserdem wurden die Bussgelder für Verstösse laufend erhöht.

Opt-in / Opt-out

Es gibt zwei Varianten von Telefonwerbung. Beim Opt-out-System darf der Verkäufer die Konsumenten anrufen. Dieses System gilt in der Schweiz. Es wurden 2012 zwar Einschränkungen eingebaut.

Seither machen sich Telefon-Callcenter strafbar, wenn sie trotz Sterneintrag im Telefonbuch («Wünscht keine Werbeanrufe») anrufen. In der EU gilt aber vor allem das Opt-in-System, nachdem der Konsument seine Einwilligung zum Anruf ausdrücklich geben muss.

Die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) in der Schweiz, Sara Stalder blickt etwas neidisch auf die ausländischen Regeln: «Im Ausland und vor allem in Deutschland hat der Konsumentenschutz eine viel höhere Bedeutung. In der Schweiz werden Themen wie die lästigen Telefonanrufe der Callcenter verdrängt, und finden den Weg in die Politik nicht». Tatsächlich verwarfen Bundesrat und Parlament im April 2014 eine Motion für ein Telefonwerbeverbot für Krankenkassen deutlich.

Strafverfolgung meist erfolglos

Dass eine Verschärfung der Spielregeln nur bedingt etwas bringt, zeigt das 2012 angepasste Gesetz über den unlauteren Wettbewerb. Trotz Sterneintrag erhalten viele Konsumentinnen und Konsumenten nach wie vor unerwünschte Anrufe. Bei den kantonalen Staatsanwaltschaften gingen inzwischen rund 60 Klagen ein, doch zu Verurteilungen kommt es kaum.

Auch die grosse Mehrheit der Beschwerden, die bei der Stiftung für Konsumentenschutz eingereicht werden, dreht sich um das Thema der unerwünschten Telefonwerbung.

Doch auch in Deutschland, wo die Gesetze griffiger sind, hat die Justiz grosse Mühe, den raffinierten und gut organisierten Telefon-Belästigern das Handwerk zu legen. 2014 gingen rund 50‘000 Beschwerden ein. Diese führten zu weniger als einhundert Verfahren und schliesslich wurden ganze 47 Bussen ausgestellt.

Das grosse Problem ist, dass die Callcenter häufig in andere Länder ziehen. Sie wechseln die Nummern und verwenden Anschlüsse, die vorgeben, im Land der Angerufenen zu sein.

Meistgelesene Artikel