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Sind Saatgut-Pestizide gefährlicher als angenommen?
Aus Espresso vom 12.01.2017. Bild: Colourbox
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Wirkung von Pestiziden Sind Saatgut-Pestizide noch gefährlicher als angenommen?

Pestizide stehen seit langem im Verdacht, eine der Ursachen für Bienensterben zu sein. Die EU hat deshalb 2013 ein Teilverbot für einzelne der sogenannten Neonicotinoide verhängt, welche Hersteller mit dem Saatgut vermischen. Greenpeace fordert nun ein totales Verbot, gestützt auf neue Erkenntnisse.

Der englische Biologe Dave Goulson und der amerikanische Biochemiker Thomas Wood haben im Auftrag von Greenpeace zahlreiche neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Datensätze zu den Auswirkungen der Neonicotinoide analysiert. Ziel: Die neuere Forschung mit jener der vorangegangenen Jahre zu vergleichen.

Fazit ihres Vergleichs: Das Problem ist gemäss Greenpeace wesentlich grösser als bislang angenommen. Die giftigen Substanzen wurden nicht nur in Kulturpflanzen nachgewiesen, sie tauchen auch überall in der Natur auf. Forscher entdeckten Neonicotinoide unter anderem auch in den Pollen, im Nektar und in den Blättern von Wildpflanzen. Schon wenige Milliardstel Gramm des Giftes töten eine Biene.

Auch Schmetterlinge und Vögel betroffen

Und offenbar sind nicht nur die Honigbienen betroffen: «Auch Wildbienen und Hummeln, Schmetterlinge, bis hin zu Wasserlebewesen und insektenfressenden Vögeln könnten vergiftet werden», erklärt Philippe Schenkel, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace Schweiz gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Und: Die Stoffe bleiben jahrelang im Boden und in den Gewässern.

2013 berichtete der «Kassensturz» auch über Gift-Rückstände in Früchten und im Gemüse. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gab damals aber Entwarnung: Die Konzentration liege unter dem Grenzwert, für Konsumenten bestehe deshalb kein Grund zur Sorge. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass diese (Nerven-)Gifte unter Umständen bei Menschen ein unkontrolliertes Zittern auslösen können. In diesem Bereich ist die Forschung aber noch am Anfang.

Salat darf weiterhin behandelt werden

Das Neonicotinoid-Verbot gilt in der EU und in der Schweiz nicht umfassend. Es betrifft die drei Substanzen, die für Honigbienen am gefährlichsten sind: Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam. Und es umfasst jene Pflanzen, die Blüten tragen, also zum Beispiel Obstbäume.

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Bei anderen Pflanzen, wie zum Beispiel Salaten, dürfen die Pestizide nach wie vor verwendet werden. Greenpeace fordert nun aufgrund der neuen Erkenntnis ein umfassendes Verbot von Neonicotinoiden. Es gebe unterdessen genug biologische Alternativen zu den chemischen Substanzen, so Philippe Schenkel: «Auch zum Beispiel mit Schlupfwespen oder Pilzkulturen lassen sich Schädlinge erfolgreich vertreiben. Die IP-Suisse und Biobauern beweisen, dass es funktioniert.»

«Einseitig und unvollständig»

Ein umfassendes Verbot der umstrittenen Pestizide würde vor allem die grossen Hersteller dieser Substanzen wie die Agro-Chemiekonzerne Bayer und Syngenta finanziell empfindlich treffen. Dort reagiert man kritisch auf den Greenpeace-Bericht: Das sei eine einseitige, reine Literaturstudie ohne wirklich neue Erkenntnisse, sagt Bayer-Sprecher Manuel Bucher. Der Bericht unterschlage neue Daten, die zeigen, dass Neonicotinoide für die Umwelt sicher seien.

Die Reaktion von Syngenta fällt ähnlich aus: Der Bericht sei schwammig. Eigene umfangreiche Untersuchungen über den Stoff Thiamethoxam hätten ergeben, dass er – richtig und zurückhaltend eingesetzt – keine Gefahr für die Umwelt darstelle.

EU-Entscheid zieht sich hin

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In der Schweiz wie im Ausland wartet man nun gespannt auf die neuste Beurteilung der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Diese zieht sich hin: Nicht jetzt im Januar wie ursprünglich einmal angekündigt, sondern voraussichtlich erst im Herbst werde man darüber entscheiden, ob das Verbot für einzelne Neonicotinoide bestehen bleibe oder aufgehoben werde.

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