Arten im Selbstportrait - «Ich bin die Thuja und mir gefällt es nicht mehr in der Schweiz»
Ich bin die beliebteste Heckenpflanze hierzulande. Bei den Menschen wohl gemerkt, denn Vögel und Insekten besuchen mich nur selten. Nur ein paar fiese Käfer und Motten, aber davon später. Hör zu, was ich zu erzählen habe.
Ich bin im Sommer und im Winter grün und biete besten Sichtschutz. Unkompliziert, pflegeleicht und preiswert, so wurde ich angepriesen.
Bereits 1536 sind meine Vorfahren mit Jaques Cartier, einem französischen Entdecker und Seefahrer nach Paris gekommen. Ich war damals die erste amerikanische Baumart in Europa.
In der letzten Zeit gefällt es mir nicht mehr so gut in der Schweiz. Die Hitze und die Trockenheit machen mir zu schaffen. Mit meinen flach wachsenden Wurzeln komme ich nicht an das Wasser tiefer unten im Boden ran. Weil ich übers ganze Jahr grün bin, müsstet ihr mich im Sommer und auch im Winter fleissig giessen. Aber wer tut das schon?
Ich bräuchte ein Klima wie in meiner ursprünglichen Heimat. Die ist im Nordosten von Amerika. In den Sumpf- und Moorwäldern. Dort ist es kühl und regnet viel.
In gewissen Gegenden gibt es uns Thuja Hecken kaum noch ohne braune Zweige. Mancherorts sterben wir auch ganz ab. Sieht übel aus.
Seit einer Weile befallen mich plötzlich allerlei Pilze, Käfer und Motten. Der einheimische Wachholder-Prachtkäfer hat sich an mich angepasst und bohrt sich in mein Holz. Die Thuja-Miniermotte ist mir aus Nordamerika hierher gefolgt. Sie legt ihre Eier an meine Triebe. Die Larven fressen sich durch meine Nadeln und diese sterben ab.
Manchmal beneide ich die Sträucher, die hier zuhause sind. Ich beneide sie um ihre Blüten im Frühling, die von Bienen und Schmetterlingen besucht werden, um die Nester, die die Vögel in ihren Zweigen bauen, um die Blätter, die sich im Herbst so schön verfärben und um die hübschen Früchte.
Was du für mich tun kannst? Mehr wässern, mehr düngen, Fungizide gegen Pilze, Insektizide gegen die Käfer und Motten. Aber das schadet natürlich allen anderen Lebewesen im Garten sehr.
Sind wir einmal angeschlagen oder gar ganz abgestorben, entscheiden sich viele für andere Hecken-Pflanzen, denn wieder Thuja pflanzen bringt kaum etwas. Wenn der Standort nicht mehr stimmt, würden auch neu gepflanzte Thujen wieder absterben.
Kleiner Tipp von mir (hätte ja nie gedacht, dass ich mal sowas sagen würde!). Am besten nimmst du Sträucher, die in der Schweiz heimisch sind. Sie fühlen sich hier wohl. Eibe und Efeu als immergrüner Sichtschutz. Oder auch Hainbuche, die behält die braunen Blätter im Winter und man sieht nicht durch. Du kannst auch meinen abgestorbenen Stamm stehen lassen und Kletterpflanzen daran hochwachsen lassen. So habe ich wenigstens noch einen Nutzen.
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